Ihr Ehebrecherinnen!

4 März, 2025

Kategorie: Erbauung, Predigten

Bibelbuch: Jakobus

Ihr Ehebrecherinnen!

»Ihr Ehebrecherinnen, wisst ihr nicht, dass die Freundschaft der Welt Feindschaft
gegen Gott ist? Wer nun ein Freund der Welt sein will, erweist sich als Feind Gottes.
Oder meint ihr, dass die Schrift umsonst rede: ›Eifersüchtig sehnt Er sich nach dem Geist,
den Er in uns wohnen ließ‹? Er gibt aber [desto] größere Gnade. Deshalb spricht Er:
›Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt Er Gnade.‹«
Jakobus 4,4-6 (ELB)

»Ihr Ehebrecherinnen, …« – das ist keine schöne Anrede, nicht wahr? Vor allem, wenn wir bedenken, dass Jakobus hier nicht eine Predigt vor einem Scheidungsgericht hält. Er redet auch nicht zu solchen, die Gott öffentlich verspotten oder für ein ausschweifendes Leben bekannt sind. Nein, er schreibt an die ersten Gemeinden außerhalb von Jerusalem, an die zwölf Stämme, »die in der Zerstreuung sind«, wie er sie in seinem Gruß in Kapitel 1,1 benennt, und er meint damit die christlichen Gemeinden, die in den verschiedenen Ländern entstanden sind, weil sie Jesus als den Retter und Erlöser erkannt haben.

Jakobus schreibt an solche, die sich sonntags zum Gottesdienst versammeln, an solche, die bekennen: »Jesus hat mir meine Sünden vergeben«, an solche, die Lieder von Jesus singen und zu Gott beten. Doch warum nennt er sie dann »Ehebrecherinnen«?

1. Gehen wir wirklich fremd?

Jakobus nennt die Christen nicht Ehebrecher wegen einer beschämend hohen Scheidungsrate auch unter den christlichen Ehen, sondern weil sie Freunde der Welt geworden sind. Hier ist ein direkter Kontrast. Freundschaft mit Gott und gleichzeitig Freundschaft mit der Welt ist unmöglich. Wer die Welt zu sehr liebt, der stellt sich damit auf die Seite der Feinde Gottes. 

Aber was bedeutet »Freundschaft der Welt«? Es gibt Christen, die das, was alles zur Kategorie »Weltlichkeit« gehört, auf Folgendes beschränken: eine bestimmte Musikrichtung oder ausgewählte Instrumente, bestimmte Kleidungsstile, der Genuss von Alkohol, die Nutzung eines Fernsehers, professioneller Sport usw. Und alles, was nicht zu diesen Kategorien gehört, ist neutral oder gut.

Andere sagen, Freundschaft mit der Welt sei, wenn wir zu viel Zeit mit Ungläubigen verbringen. Wir sollten uns möglichst viel in christlichen Kreisen aufhalten und bräuchten besonderen Schutz, wenn wir in Kontakt mit »Weltmenschen« kommen. Die Welt außerhalb der Gemeinde oder der Familie wird als Feindesland erklärt. Alles Böse sei da zu finden. Wir müssten uns bloß vor dem Weltbereich außerhalb unserer sicheren Glaubensbastion hüten.

Aber so beschreibt die Bibel Weltlichkeit nicht. Der Bibellehrer James Montgomery Boice warnt treffend: »Weltlichkeit falsch zu kennzeichnen bedeutet, das weitaus ernstere und kompliziertere Problem herunterzuspielen.« 

Wenn wir Weltlichkeit als etwas beschreiben, was lediglich »da draußen« zu finden oder allein mit konkreten Gegenständen oder Dingen oder Orten verbunden ist, dann werden wir blind für das, was Weltlichkeit eigentlich bedeutet. Es ist nicht »die Welt da draußen«, die wir sehen und anfassen können, vor der wir uns absperren und fernhalten können. Die Bibel beschreibt mit Welt verschiedene Dinge, doch steht der Begriff hauptsächlich für ein System oder eine Ordnung, die gegen Gott und Seine Bestimmung ausgerichtet ist. Es geht um eine sündige, rebellische, gottfeindliche Gesinnung.

Darum schreibt Paulus in Römer 12,2a: »Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes«, und in 1. Korinther 2,12: »Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, damit wir die [Dinge] kennen, die uns von Gott geschenkt sind.« 

Hier, in unserem Denken, in unserer Haltung, in unserer Gesinnung findet der Kampf gegen Weltlichkeit statt, und nicht »da draußen«, außerhalb der Gemeinde.

Im Kontext des Jakobus-Briefes lernen wir, was er mit »Freund der Welt« meint. Es bedeutet zum Beispiel Ungeduld in leidensreichen Zeiten, denn für den weltlich Gesinnten gibt es keinen Nutzen von Leid. Aber der Gläubige kann ausharren und sich im Leid bewähren, weil er auf Gott vertraut, wie in Jakobus 1 beschrieben wird. Weltlichkeit bedeutet auch, sich nach Reichtum zu sehnen und Reiche viel höher zu achten als Arme, denn in der Ordnung dieser Welt ist Luxus das höchste Ziel – nicht Liebe, wie wir in der Ermahnung von Jakobus 2 sehen. Außerdem zeigt sich Weltlichkeit, wenn wir die eigenen Wünsche stolz und selbstsüchtig durchzusetzen suchen, wenn wir mit ungezügelter Zunge reden und nach gottloser Weisheit handeln, wenn wir mit ungeistlichen Mitteln umgehen, statt in Sanftmut und Frieden zu wandeln, wie in Jakobus 3 erklärt wird.

Wir gehen nicht fremd, sind nicht unbedingt dann Ehebrecher, wenn wir ungläubige Freunde haben oder gelegentlich die Sportschau gucken, sondern wenn unsere Wünsche und Werte, unsere Leidenschaften und Lebensziele, unsere Mittel und Wege, die wir gebrauchen, um unsere Ziele zu erreichen, nicht auf Gott hin ausgerichtet sind und wir unsere Freude und Erfüllung ganz in dieser Welt und nach der Weise der gottlosen Welt suchen.

Ihr seid Ehebrecher, weil ihr fremd geht in euren Herzen. Ihr sehnt euch nach Ansehen und Macht, nach Reichtum und Bequemlichkeit. Ihr betet womöglich sogar darum und merkt gar nicht, wie sehr dieses Denken eure Herzen von Gott wegzieht. Ihr streitet euch und werdet von eurem Neid und Eigensinn fast aufgefressen – und versteht überhaupt nicht, dass genau das Weltlichkeit ist. 

Vielleicht warst du noch nie in einer Bar, hast noch nie Rockmusik gehört oder einen Fernseher besessen. Aber das heißt noch nicht, dass du dich dadurch bereits von der Welt reingehalten hast. Die Frage ist: Wo ist dein Herz? Wonach sehnst du dich? Was beschäftigt deine Gedanken, was treibt dich im Leben an? Was bestimmt deine Worte und Handlungen? Was für einen Maßstab hast du? 

Wir vermeiden es nicht, Freunde der Welt zu sein, indem wir bloß darüber nachdenken, wie schlecht die anderen sind, oder indem wir uns darüber empören, wie schlimm so manche Dinge in der Welt sind. Gerade das kann zum Stolz, zum Lästern oder zur Lieblosigkeit führen. Und wisst ihr was? Selbst das kann Freundschaft der Welt sein – nämlich alles, was deine Gedanken und dein Herz von Gott wegzieht. Egal, ob es sich um niedrigste Begierden oder um scheinbare Frömmigkeit handelt – Weltlichkeit zieht dich von der Gemeinschaft mit Gott weg.

Darum ruft Jakobus so eindringlich: »Ihr Ehebrecherinnen!« Wir sollen nämlich den geistlichen Ehebruch in unseren Herzen suchen, nicht irgendwo da draußen.

2. Ist Gott wirklich eifersüchtig?

»Oder meint ihr, dass die Schrift umsonst rede: ›Eifersüchtig sehnt Er sich nach dem Geist, den Er in uns wohnen ließ‹?«

Gott sehnt sich bis hin zur Eifersucht. Wonach sehnt Er sich? Nach dem Geist. Das ist der innere Mensch, das ganze Herz, die ganze Gesinnung, das ganze Bewusstsein des Menschen. Er sehnt sich nach der ganzen Person. Und darum schreibt Jakobus auch »Ehebrecherinnen«. Warum schreibt er nicht: »Ihr Ehebrecher«, sondern gebraucht die weibliche Form »Ehebrecherinnen«? Soviel ist sicher: Es ging ihm nicht um gendergerechte Sprache. Der Grund für diese spezielle Wortwahl liegt darin, dass Jakobus hiermit auf das Alte Testament verweist.

An vielen Stellen durch das ganze Alte Testament hindurch vergleicht Gott Israel mit einer ehebrecherischen Frau (Jer. 3,20; Hos. 3,1; Hes. 16). Dieses wiederholte Schriftzeugnis greift Jakobus auf, und er macht es ganz persönlich. Diese Stellen sollten alle Gläubigen ganz persönlich daran erinnern, dass Gott deine echte und völlige Liebe gebührt. 

Gott sagt nicht einfach: »Ich bin dein Boss, und darum hast du zu tun, was Ich dir sage.« Sondern Er vergleicht sich mit einem liebenden Ehemann, der seine Liebe treu und hingebungsvoll bewiesen hat. 

Und ja, auch wir Christen sind manchmal untreu in unserer Liebe zu Gott, weil wir uns blenden und beeinflussen lassen, und zwar von den Ideen einer sündigen Einstellung. Stell dir einmal vor, eine Frau würde alle wichtigen Entscheidungen mit den Nachbarn besprechen und dann ihrem Ehemann nur noch die fertig vorgefasste Meinung mitteilen. »Nein, frag nicht wieso. Karl von gegenüber sagte, das sei die beste Methode, und darum machen wir’s so.«

Gott ist nicht eifersüchtig auf die törichten Ratgeber und sündigen Methoden dieser Welt. Er ist niemals neidisch auf andere. Aber Er sehnt sich mit großem Eifer nach deiner vollen Aufmerksamkeit und deiner ganzen Liebe. Dahin soll uns das Gesetz leiten, dafür hat Gott uns Menschen Seinen Odem eingehaucht (vgl. 1.Mo. 2,7), uns Leben gegeben und einen vernunftbegabten Geist in uns wohnen lassen. Wir sollen unsere Erfüllung darin finden, Gott von ganzem Herzen zu lieben. 

Gott hat in keinerlei Weise irgendeinen Mangel. Er sitzt nicht etwa depressiv zu Hause und löffelt Eiscreme wegen der Untreue der Gläubigen. Aber was dieser Vers uns zuruft, ist Folgendes: Gottes Liebe ist echt. Obwohl Er so viel größer ist als wir, bist du Ihm nicht egal. Er freut sich wirklich über deine Liebe; Er sehnt sich danach, dass du die Beziehung zu Ihm stärkst und darin fest und treu wirst. Er will nicht nur irgendwelche guten Taten, sondern dein Herz, deine Liebe, deinen Geist, dich als Person.

Gottes Eifersucht zeigt sich darin, dass Er die Seinen nicht aufgibt, sondern sie wieder zu sich zieht. Gott hat uns Seine Liebe bewiesen, indem Er Selbst in Jesus Christus in diese von Gott ferne Welt kam. Er erniedrigte sich, Er wurde arm und gab all Seine sichtbare Herrlichkeit auf. Er starb am Kreuz, der Gerechte für Ungerechte. Und warum? Um eine Braut zu gewinnen, die Er aus Liebe gerechtfertigt hat und reinigt und die Er in Ewigkeit lieben wird. Die Braut ist die Gemeinde, bestehend aus jedem einzelnen Gläubigen, die »Christus … geliebt und sich Selbst für sie hingegeben hat« (Eph. 5,25). Und Christus wird Seine Braut bewahren und heilig und fleckenlos vor sich hinstellen, weil sie Ihm nicht egal ist. Er wird Seine Braut nicht aufgeben. So eine Liebe hat Gott zu den Seinen – eine sehnsüchtige, eifernde Liebe. 

3. Gibt Gott tatsächlich gröẞere Gnade?

»Er gibt aber [desto] größere Gnade. Deshalb spricht Er: ›Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt Er Gnade.‹«

An dieser Stelle zitiert Jakobus tatsächlich einen konkreten Vers aus Sprüche 3,34, um praktische Anwendungen zu der Frage zu geben: Wie können wir Gott lieben und uns von der weltlichen Gesinnung rein halten? Wie können wir die Liebe Gottes angemessen erwidern? In diesem Vers stecken drei praktische Anwendungen.

Empfange die Gnade Gottes:
Er gibt größere Gnade!

Gnade bedeutet: die unverdiente Zuwendung Gottes. Wir haben weder die Liebe Gottes verdient, noch haben wir irgendetwas zu geben. Im Gegenteil, wir haben durch unsere Sünde eigentlich jede Gemeinschaft mit Gott verspielt. Gott schuldet uns gar nichts Gutes. Doch in solchen Stellen wie Hesekiel 16 oder Hosea gebraucht Gott den Vergleich mit der Ehebrecherin, um zu verkünden: Ich bin bereit, euch zu vergeben. Erkenne nur deine Sünden und empfange Meine Gnade. Ja, der Kern des Evangeliums ist: Gott ist Mensch geworden, Er hat sich zu uns herabgeneigt, Er hat unsere Schuld auf sich genommen, und Er schenkt uns dadurch Gnade – die Gnade der Wiederherstellung, die Gnade der Vergebung, die Gnade Seiner liebenden Gegenwart. Es ist eine Gnade, die größer ist als alles, was die Welt verspricht.

Höre auf das Wort Gottes:
Deshalb spricht Er!

Jakobus sagt: Gott spricht – und er zitiert dann einen Vers aus dem Alten Testament. Um Gott lieben zu können, müssen wir Ihn kennen. Gott stellt sich Selbst vor in Seinem Wort. Er spricht zu uns durch Sein Wort, und Er verändert unsere Gesinnung mit Seinem Wort. – Redet die Schrift umsonst in deinem Leben? Höre auf das Wort Gottes, das heißt, lies es und sinne darüber nach! Höre auf die Auslegung in der Predigt und wende es auf dich an! Überlege und bete über die Frage: Wie betrifft mich das persönlich? Hier lernst du, was Gott gefällt und was Ihn betrübt. Wenn du aufhörst, auf das Wort Gottes zu hören, so ist das meistens ein Zeichen dafür, dass du mehr auf die Weisheit der Welt hörst als auf Gott. Das Wort Gottes bringt uns Gott nahe und warnt, tröstet oder leitet unsere Herzen.

Demütige dich vor Gott in dem Wissen:
Den Demütigen gibt Er Gnade!

Lass deinen Stolz fahren! Vielleicht machst du vieles besser als andere und denkst dabei wie der Pharisäer: »Gott, ich danke Dir, dass ich nicht bin … wie dieser Zöllner!« (Lk. 18,11). Doch daran hat Gott keinen Gefallen. Bekenne deine Untreue, deine Sünden und deine schlechte Gesinnung. Bekenne deinen Stolz und deine Selbstsucht, dein Vertrauen auf falsche Mittel und deine Sehnsucht nach verkehrten Zielen. Demütige dich vor Gott! Das ist die Voraussetzung für den Empfang Seiner Gnade.

Versprich nicht, was du alles als Wiedergutmachung tun willst, sondern wirf deinen Stolz über Bord. Nichts steht der Liebe zur Welt so sehr entgegen wie echte, christliche Demut. Gott widersteht den Hochmütigen. Stolze können das Evangelium nicht annehmen. Sie wollen sich das Heil lieber selbst verdienen und erarbeiten, oder sie meiden es ganz. Gott stellt sich solchen entgegen. Die Gnade der Erlösung, der rettenden Liebe Gottes, der versöhnten Gemeinschaft mit Gott und die ewige Herrlichkeit gibt es nur für solche, die sich von Gottes Wort und Seinem Geist zur Demut leiten lassen und so die Gnade unseres herrlichen Rettergottes empfangen. Dazu segne dich Gott!

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Ihr Ehebrecherinnen!

von Lucas Derksen Lesezeit: 9 min