Was ist biblische Verkündigung?
Wie kann mein Predigtdienst Gott am meisten verherrlichen und Sein Wort ehren? Von diesem Anliegen bewegt, legt D.M. Lloyd-Jones fünf Grundprinzipien für die Predigt der Heiligen Schrift dar. Er erklärt, was Predigen bedeutet, was gepredigt werden muss und welch einen Stellenwert das Predigen in der Gemeinde einnehmen sollte, wenn wir eine gesunde und bibeltreue Gemeinde sein wollen.
Vorwort zum Buch
Im Jahr 2008 wurde mir das Buch »Die Predigt und der Prediger« von D. Martyn Lloyd-Jones zu lesen empfohlen. Dieses Buch hat mich völlig überrascht. So etwas hatte ich zuvor noch nie gelesen, und von dem Autor hatte ich noch nie etwas gehört. Das veranlasste mich, alle seine Bücher zu kaufen, die es auf Deutsch gibt, und sie gründlich zu studieren. In all den Jahren hat mich Lloyd-Jones mehr geprägt als jeder andere Prediger oder Autor.
Dieses kleine Buch »Was ist biblische Verkündigung?« sollte jeden Prediger und jeden Pastor ermutigen, genau das zu tun: in Treue das Evangelium zu verkündigen.
Mehr als 30 Jahre lang predigte D. Martyn Lloyd-Jones in Wales und in der Westminster Chapel in London. Heute gilt er weithin als einer der größten Prediger des 20. Jahrhunderts, wenn nicht sogar als einer der bedeutendsten seit seinem Vorbild Jonathan Edwards im 18. Jahrhundert.
David Martyn Lloyd-Jones, der in Wales geboren und aufgewachsen ist, arbeitete als Assistenzarzt des königlichen Arztes in London, bevor er den Ruf erkannte, seine Karriere als Arzt aufzugeben und in den vollzeitigen Predigtdienst zu gehen. Seit 1927 diente er als Pastor, Prediger und Lehrer in der Westminster Chapel in London, bevor er 1968 wegen Krankheit in den Ruhestand ging.
Den Rest seines Lebens verbrachte er damit, seine Predigten für die Veröffentlichung aufzubereiten, andere Pastoren zu beraten und an Predigerseminaren zu lehren. Die Erkenntnisse von D. Martyn Lloyd-Jones über den Römerbrief, die er in jahrzehntelanger Predigttätigkeit gewonnen hat, sind in 14 Bänden zusammengefasst (leider aber noch nicht auf Deutsch erhältlich). Die Veröffentlichung dieser umfangreichen Auslegung hat seine auf dem Glauben basierende Weisheit weit über das hinaus verbreitet, was sein gesprochenes Wort jemals vermochte.
Zu den weiteren veröffentlichten Büchern von D. Martyn Lloyd-Jones gehören u. a.:
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- Predigten über die Apostelgeschichte (Band 1-5)
- Bergpredigt (Band 1-2)
- 1. Johannesbrief (Band 1-2)
- Ehe, Familie, Beruf (Epheser 5,18-6,9)
- Der geistliche Kampf (Epheser 6,10-13)
- Mit ganzem Einsatz (Epheser 6,10-20)
- Studienreihe über biblische Lehren (Band 1-4)
- Die Predigt und der Prediger
- Geistliche Krisen und Depressionen
Martyn Lloyd-Jones hat jedoch noch viel mehr Bücher veröffentlicht. Meistens sind sie aus seinen Auslegungspredigten aus den dreißig Jahren seines Wirkens als Prediger entstanden.
In diesem kleinen Buch zeigt Lloyd-Jones, was Predigen bedeutet, was gepredigt werden muss und welch einen Stellenwert das Predigen in der Gemeinde einnehmen sollte, wenn wir eine gesunde und bibeltreue Gemeinde sein wollen.
In seinem wohl wichtigsten Buch »Die Predigt und der Prediger« erklärt Lloyd-Jones, wer überhaupt in der Gemeinde predigen sollte: »Das Predigeramt ist nicht etwas, das man sozusagen nebenbei ausüben kann, sondern etwas für jemanden, dessen ganze Zeit davon beansprucht ist. Seit mehr als hundert Jahren wurde die Sichtweise angenommen, dass das Predigen fast jedem Mann, der Christ geworden ist, erlaubt sei. Ich behaupte, dass dies eine unbiblische Sichtweise der Verkündigung ist.«
Dann stellt er die Frage: »Was ist ein Prediger?« Für die damalige Zeit war die Antwort noch nicht schwer; doch wie würden wir sie heute beantworten? Die einen meinen, jeder, der predigen möchte und Theologie studiert hat oder zumindest ein Predigerseminar besucht hat, könne predigen. Die anderen meinen, dass jeder redebegabte Christ predigen sollte. Noch andere bestehen darauf, dass jeder predigen sollte, der von der Gemeinde dazu berufen ist.
Nun, Lloyd-Jones argumentiert wie folgt: »Ein Prediger ist nicht jemand, der sich einfach dazu entscheidet, zu predigen; und genauso wenig, wie er sich dazu entscheiden kann, zu predigen, kann er sich dazu entscheiden, den Predigtdienst als seine Berufung anzunehmen. Das Predigtamt ist niemals etwas, das ein Mensch selbst auszuüben beschließt. Vielmehr geschieht es, dass er sich seiner »Berufung« bewusst wird. Die ganze Frage der Berufung ist keine leichte Angelegenheit, und alle Diener des Wortes haben mit ihr gerungen, weil sie für uns von so entscheidender Bedeutung ist.«
Einige Männer in der Gemeinde ringen auch heute mit der Frage: »Bin ich zum Prediger berufen oder nicht? Wie kann ich das wissen?« D. Martyn Lloyd-Jones war einer der größten Prediger seiner Zeit. Obwohl er viel gelehrt und gepredigt hatte und sich seiner Berufung als Prediger gewiss war, empfand er immer seine Schwachheit, ja sogar Furcht und Zittern, weil er nämlich immer wieder so sehr vor der großen Verantwortung zurückschreckte, dass er manchmal von anderen Ältesten erst zu seinem Dienst gedrängt werden musste.
Vielleicht ist die Sichtweise heute verlorengegangen, dass kein Dienst in der Gemeinde eine so hohe Verantwortung mit sich bringt wie das Predigen des Wortes Gottes. Gott wird jeden Prediger und Lehrer des Wortes danach richten, wie treu und sorgfältig er seine Verkündigung ausgeübt hat. Jedes Versagen und oberflächliches Dienen als Prediger des Wortes Gottes bringt nicht nur Schande, sondern auch Gericht hervor; aus diesem Grund ermahnt Paulus Timotheus:
»Strebe eifrig danach, dich Gott als bewährt zu erweisen, als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen braucht, der das Wort der Wahrheit recht teilt« (2.Tim. 2,15).
Lloyd-Jones schreibt: »Ein Mann, der meint, er sei kompetent und könne quasi nebenbei ›in seiner Freizeit‹ mühelos predigen, und der so ohne jedes Empfinden von Furcht und Zittern oder ohne jedes Zögern auf die Kanzel eilt, ist eigentlich jemand, der lauthals verkündigt, dass er nie zum Prediger berufen worden ist. Ein Mann, der von Gott dazu berufen worden ist, ist jemand, der erkennt, wozu er berufen worden ist. So erkennt er, dass das Predigen die größte Verantwortlichkeit in der Gemeinde mit sich bringt, und er schreckt deshalb davor zurück. Nichts Geringeres als dieses überwältigende Empfinden, berufen worden zu sein, und der auferlegte innere Zwang sollte einen Menschen überhaupt zum Predigen veranlassen.«
Diese demütige Haltung von Martyn Lloyd-Jones zeigt sich in seinen Predigten immer wieder. Sie sind voller Kraft und Leidenschaft, ermahnend und erbaulich zugleich. Ihm ging es immer darum, Christus und Sein Wort zu predigen. Er glaubte an die Kraft des Wortes Gottes, und dass der Glaube, wie Paulus es in Römer 10 sagt, durch die Predigt des Wortes Gottes kommt. So wie der Glaube durch die Predigt kommt, so gebraucht der Herr auch die Predigt als Werkzeug zur Heiligung und Zurüstung der ganzen Gemeinde. Lloyd-Jones war bekannt als Auslegungsprediger, der ganze Bibelbücher und Briefe des Neuen Testaments Vers für Vers, Kapitel für Kapitel ausgelegt hat. Er war nämlich überzeugt davon, dass durch die Auslegungspredigt gewährleistet ist, dass der ganze Ratschluss Gottes gepredigt wird und man somit Gott Selbst sprechen lässt anstatt Menschen.
Es scheint so, dass viele Prediger unserer Zeit nicht mehr vom Predigen begeistert sind, also kaum noch so leidenschaftliche Prediger sind wie z. B. die Puritaner, M. Henry, J. Owen, J. Bunyan oder C.H. Spurgeon und D.M. Lloyd-Jones. Natürlich ist das Resultat dann, dass auch die Gemeinden keine große Begeisterung für eine Predigt haben; somit fehlt ihnen die Gotteserkenntnis und Gottesfurcht. Viele Christen zweifeln inzwischen ernsthaft an der Wirkung des gepredigten Wortes Gottes. Prediger sind ernsthaft verwirrt darüber, was ihren Dienst betrifft, und deshalb stehen Vorträge, Zeugnisse, Unterhaltung wie Anspiele und Theater, Lobpreisbands oder sonstige Musik und andere zweitrangige Gemeindedienste mehr im Vordergrund als die Kanzel und die Predigt.
Unsere Generation muss wieder den wahren Wert des gepredigten Wortes Gottes und der Macht der Verkündigung erkennen. Wenn wir verstehen wollen, was es bedeutet, das Evangelium der Gnade Gottes zu predigen und zu lehren, müssen wir uns den größten Prediger und Apostel des Neuen Testaments anschauen. Was und wie predigte der Apostel Paulus? Er predigte Christus, er predigte das Wort Christi. Er verkündigte das Geheimnis, das im Neuen Testament geoffenbart wurde. Er verkündigte das Wort der Wahrheit. Er predigte den ganzen Ratschluss Gottes. All diese Begriffe weisen auf den Inhalt seiner Botschaft hin.
Heutzutage gibt es Männer, die begabte Redner sind, die ein Publikum durch die Macht ihrer überzeugenden Rede beeinflussen und zu etwas bewegen können. Es gibt Menschen, die gut ausgebildet sind, die den menschlichen Verstand, Logik und Wissen anwenden können, Geschichten erzählen und die Herzen bewegen können. Aber ein Mann, der nicht das Wort Gottes verkündigt, ist kein treuer Prediger. Er ist kein von Gott berufener Prediger.
John MacArthur sagte: »Ich habe mein Herz an die Auslegungspredigt gehängt, daran, das Wort Woche um Woche Vers für Vers zu verkündigen. Manche verurteilen solche Art von Predigen; sie bringen lieber Themen und erzählen dabei viele Erlebnisse. Sie können Menschen sehr bewegen; aber sie predigen nicht das Wort, sondern nur Gedanken aus dem Wort.«
Und der schottische Prediger William Taylor schrieb: »Lasst uns nie vergessen, dass derjenige, der auf der Kanzel zu hohem Ansehen und Nützlichkeit gelangt und weise darin wird, Seelen zu gewinnen, über die Arbeit des Dienstes sagen muss: ›Das ist die eine Sache, die ich tue.‹ Er muss sein ganzes Herz und sein ganzes Leben auf die Kanzel konzentrieren. Er muss seine Tage und seine Nächte darauf verwenden, jene Predigt vorzubereiten, durch die er bestrebt ist, seine Zuhörer zu überführen, ihre Herzen zu bewegen und ihr Leben zu erheben.«
Solche Worte überführen mich persönlich. Ich sollte meine ganze Zeit darauf verwenden, Predigten vorzubereiten, um meine Zuhörer mit dem Wort zu überführen, damit ihr Leben in das Bild Christi umgestaltet wird. Leider bietet das Leben so viele Ablenkungen, dass wir uns viel zu wenig dem Wort und der Gemeinschaft mit dem Herrn widmen. Es ist so, wie jemand sagte: »Wir haben zwar viele beliebte Prediger, aber nur wenige in Vollmacht des Geistes.« Ich glaube, der Herr beruft auch heute noch Männer, um Sein Wort zu predigen. Und jeder treue Prediger muss die Ernsthaftigkeit seines Auftrags und den Inhalt seines Auftrags verstehen.
Es ist mein Gebet, dass der Herr in unserer Generation Männer erweckt, die sich hauptsächlich mit dem Lehren und Predigen des Wortes Gottes beschäftigen. Denn dies ist die einzige Kraft Gottes zur Errettung und das einzige Mittel, das der Herr gegeben hat – wie Paulus es in Epheser 4 ausdrückt – »zur Zurüstung der Heiligen, für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes des Christus, bis wir alle zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, zur vollkommenen Mannesreife, zum Maß der vollen Größe des Christus; damit wir nicht mehr Unmündige seien, hin- und hergeworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre durch das betrügerische Spiel der Menschen, durch die Schlauheit, mit der sie zum Irrtum verführen, sondern, wahrhaftig in der Liebe, heranwachsen in allen Stücken zu Ihm hin, der das Haupt ist, der Christus« (Epheser 4,12-15).