Miteinander als Christen leben

5 Januar, 2024

Kategorie: Erbauung

Bibelbuch: Römer

Miteinander als Christen leben

Paulus erklärt nun, was es für die zwischenmenschlichen Beziehungen unter Gläubigen bedeutet, ein lebendiges Opfer zu sein. Denn ich sage kraft der Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch … Welch eine wunderbare Aussage! Paulus hätte die volle Autorität seines Apostelamtes geltend machen können. Er sprach mit nichts Geringerem als mit der Autorität Jesu Christi, des Herrn der Gemeinde. Doch er hätte keinerlei Autorität gehabt, außer durch die Gabe, die Gott ihm gegeben hatte. Welche Führungskraft oder Fähigkeit er auch immer besaß – sie kam nur von daher, dass Gott ihm gnädig gewesen war.

… dass er nicht höher von sich denke, als sich zu denken gebührt, sondern dass er auf Bescheidenheit bedacht sei, wie Gott jedem einzelnen das Maß des Glaubens zugeteilt hat (V. 3). Wenn wir die richtige Sicht auf die Dinge behalten wollen, müssen wir immer zwei Faktoren im Sinn behalten. Zuallererst müssen wir uns daran erinnern, wer Gott ist, und zweitens müssen wir bedenken, wer wir sind. Wenn wir wirklich wissen, wer Gott ist, sollte es nicht allzu schwierig sein, herauszufinden, wer wir sind. Wenn wir wissen, wer Gott ist, dann wissen wir, dass wir in dieser Welt ohne die Gnade Gottes keinen nennenswerten Schritt tun können. Wenn wir wissen, dass wir für jede Errungenschaft, die wir in dieser Welt genießen, vollkommen von der Gnade abhängig sind, wie können wir dann anders als demütig sein? Dieser Vers verbietet Stolz und Arroganz, eine prahlerisch überhöhte Meinung von uns selbst.

Doch die Tragweite des Textes geht noch tiefer. Was ebenfalls untersagt ist, ist eine zu geringe Meinung von uns selbst. Wenn wir nur den ersten Teil des Verses lesen, könnten wir denken, wir seien wertlos und unbedeutend. Doch unsere Bedeutung kommt von Gott, und alles, was Gott uns zuweist, ist wertvoll. Du bist vielleicht nicht so bedeutend, wie du gerne sein möchtest, aber du bist bedeutend. Ein nüchternes, vernünftiges Urteil bedeutet, eine vernünftige Bewertung unserer Gaben, unserer Stärken und unserer Schwächen vorzunehmen. Uns selbst nüchtern zu beurteilen, ist sehr schwierig, denn wir neigen dazu, uns selbst fünf Minuten lang durch eine rosarote Brille anzusehen, dann die rosarote Brille abzusetzen und vor Neid bitter zu werden!

Während meiner mehrjährigen Arbeit in der Gemeinde habe ich festgestellt, dass es ein Fehler ist, Menschen zu Leistungen bewegen zu wollen, die nicht ihren Motivationen und Fähigkeiten entsprechen. Manchmal erweisen wir Menschen einen schrecklichen Bärendienst, indem wir versuchen, sie zu Leistungen in Bereichen zu zwingen, für die sie einfach nicht begabt sind. 

Zum Teil liegt dies an unserer eigenen Tendenz, mehr von uns selbst zu halten, als wir sollten. Wenn ich eine gewisse Kompetenz in einer bestimmten Tätigkeit erlangt habe, dann möchte ich das zum Maßstab machen. Wir neigen dazu, unsere eigenen Stärken hervorzuheben, weil wir glauben, dass sie die wichtigsten seien, nämlich diejenigen, die wirklich zählen. Das ist absolut todbringend für den Leib Christi. Wir müssen verstehen, dass Gott jeder Person ein gewisses Maß an Glauben zugeteilt hat, und dass die Menschen unterschiedliche Persönlichkeiten sind und unterschiedliche Stärken, unterschiedliche Schwächen und unterschiedliche Gaben besitzen. Es gibt eine Vielfalt im Leib Christi, und reifes Christsein beinhaltet, dies anzuerkennen. Tatsächlich wird uns an anderer Stelle gesagt, dass wir den anderen über uns selbst stellen sollten, dass wir in Ehrfurcht und Bewunderung andere Gaben betrachten sollen, welche Menschen haben und die wir nicht haben. Anstatt auf sie eifersüchtig zu sein oder sie abzulehnen, sollten wir sie ehren und respektieren.

Paulus verwendet seine Lieblingsanalogie für die Gemeinde, den Leib Christi: Denn gleichwie wir an einem Leib viele Glieder besitzen, nicht alle Glieder aber dieselbe Tätigkeit haben, so sind auch wir, die vielen, ein Leib in Christus, und als einzelne untereinander Glieder (V. 4-5). Der menschliche Leib besteht aus verschiedenen Körperteilen, und jeder Teil hat eine sehr wichtige Aufgabe zu erfüllen. Mein Leib wäre in seiner Gesamtheit beeinträchtigt, wenn ich mein Augenlicht verlieren würde. Meine Lebensqualität würde sich erheblich verschlechtern, wenn ich mein Gehör verlieren würde. Ich würde mich viel mehr als jetzt durchs Leben kämpfen müssen, wenn eines meiner Beine amputiert wäre. Jeder Körperteil arbeitet mit jedem anderen Teil zum Wohl des ganzen Körpers zusammen. So ist es auch in der Gemeinde. Alle Mitglieder bilden zusammen einen Leib, und der Einsatz jedes einzelnen Mitglieds ist für eine gesunde Gemeinde unerlässlich.

Wir haben aber verschiedene Gnadengaben gemäß der uns verliehenen Gnade (V. 6). Gott ist es, der uns verschieden macht, denn wir unterscheiden uns je nach der Gnade, die uns geschenkt wird, und es ist Gott, der uns die Gnade schenkt. So gibt Er der einen Person die Gnade und die Gabe, in der Evangelisation wirksam zu sein, die Er wiederum einer anderen Person nicht gibt. Der anderen Person wird eine andere Gabe verliehen. Was mich von anderen Menschen unterscheidet, ist nicht meine Größe, sondern die Gnade Gottes. Somit sollten wir uns an all diesen Unterschieden in den Fähigkeiten, Talenten und Gaben im Leib Christi erfreuen und sie würdigen.

Wenn wir Weissagung haben, [so sei sie] in Übereinstimmung mit dem Glauben; wenn wir einen Dienst haben, [so geschehe er] im Dienen; wer lehrt, [diene] in der Lehre; wer ermahnt, [diene] in der Ermahnung; wer gibt, gebe in Einfalt; wer vorsteht, tue es mit Eifer; wer Barmherzigkeit übt, mit Freudigkeit! (V. 6-8). Die Weissagung, von der Paulus spricht, darf nicht mit der Vorhersage zukünftiger Ereignisse verwechselt werden, sondern ist vielmehr das, was ein Mensch von Gott zur Unterweisung, Ermahnung und Tröstung empfangen hat. Diejenigen, die sich als Empfänger dieser Gabe verstanden, sollten in ihrer Botschaft immer mit dem objektiven Maßstab des ein für alle Mal überlieferten Glaubens (Jud. 3) übereinstimmen, und sie sollten gemäß ihrer Konformität mit diesem Glaubensstandard beurteilt werden. In keinem Fall sollte ihre Weissagung der objektiven Offenbarung der Heiligen Schrift widersprechen.

Die Lehre, auf die sich Paulus hier bezieht, basiert natürlich auf der Heiligen Schrift, und in diesem Fall besonders auf dem Alten Testament. Seit der Fertigstellung des gesamten Kanons müssen die wohldefinierten Grenzen dessen, was die Heilige Schrift ausmacht, sorgfältig beachtet werden. Lehrer dürfen nur das lehren, was im Alten und Neuen Testament zu finden ist und damit im Einklang steht. Wie Jakobus sagte: »Werdet nicht in großer Zahl Lehrer, meine Brüder, da ihr wisst, dass wir ein strengeres Urteil empfangen werden!« (Jak. 3,1). Zu viele üben heute diese Funktion aus, während sie gleichzeitig gegen die biblische Rechtgläubigkeit verstoßen und Christus Schande bringen. Diese falschen Lehrer waren niemals wirklich zum Lehren begabt und reißen somit die Rolle derer an sich, die lehren sollten.

Die Gabe der Ermutigung oder Ermahnung betrifft in erster Linie eine Lehrtätigkeit, die auf das Gewissen und die Gefühle abzielt. Sie ist dazu gedacht, den Zuhörer zu praktischen, tröstlichen Ergebnissen zu führen. Lehre, die auf das Leben angewandt wird, bietet einen Anreiz, rechtschaffen zu leben, und wird zu einer positiven Ermahnung oder Ermutigung für das Volk Gottes. 

Wenn du eine Gabe hast, dann lautet der Befehl Gottes an dich: Übe diese Gabe aus! Gott gibt dir diese Gabe nicht, um sie unter den Scheffel zu stellen. Wenn du eine Gabe hast, dann sollst du sie gebrauchen. Doch dieser Befehl wird nicht nur dir gegeben, sondern er wird mir in Bezug auf dich gegeben. Ich soll dafür sorgen, dass dir der Platz und die Freiheit gegeben wird, deine Gabe einzusetzen. Ich soll alles in meiner Macht Stehende tun, um dir zu helfen und dich bei der Ausübung deiner Gabe zu unterstützen; und du sollst mir helfen, meine Gabe auszuüben.

Was ist, wenn du nicht weißt, welche Gabe du hast? Ich würde sagen: Probiere unterschiedliche Bereiche des Gemeindelebens aus. Wenn du nicht weißt, welches deine Gabe ist, dann bemühe dich darum, dich an der Evangelisation oder an der Sonntagsschularbeit zu beteiligen. Möglicherweise musst du erst ein paar Dinge ausprobieren, bevor du entdeckst, wo deine Begabung liegt. Und höre auf den Leib Christi. Der Leib Christi wird anfangen, dir zu vermitteln, wo deine Begabung liegt und wo du von Gott gebraucht werden kannst.

Viele Menschen möchten gern die Gabe des Lehrens oder die Gabe des Evangelisierens oder die Gabe des Predigens haben. Mir haben noch nicht allzu viele gesagt, dass das, was sie wirklich gern hätten, die Gabe des Gebens sei. Doch auch das ist eine Gabe. Es gibt einige Leute, die so außerordentlich großzügig sind. Sie sind großzügig in Bezug auf ihre Zeit, sie sind großzügig in Bezug auf ihren Dienst. Sie sind so umsichtig in der Rücksichtnahme auf andere Menschen, und sie sind sehr gütig bei ihren finanziellen Zuwendungen. Wenn sie Geld oder Zeit oder was auch immer verschenken, tun sie das nicht widerwillig, sondern freudig. Sie erfreuen sich daran! Was für eine Freude, eine solche Person zu treffen!

Es ist eine Sache, ein Leiter zu sein, und eine andere Sache, ein eifriger Leiter zu sein.

Ich mag es nicht, wenn man mir widerwillig Barmherzigkeit erweist. »Wer Barmherzigkeit übt, [der tue es] mit Freudigkeit.« Echte Barmherzigkeit drückt sich in einem Geist der Freude und Freundlichkeit aus – so, wie Gott uns Barmherzigkeit schenkt.


 

Entnommen aus dem Buch:

Römerbrief-Kommentar: Das Evangelium Gottes

Der Römerbrief ist einer der bekanntesten Briefe der Bibel und wahrscheinlich der einflussreichste in der Kirchengeschichte, da er eine systematische Darstellung vom Evangelium Gottes durch den Apostel Paulus enthält. Gott gebrauchte gerade diesen Brief, um viele Menschen zur Buße und zum Glauben an Jesus Christus zu führen, die Reformation auszulösen und große Erweckungen zu bewirken. Das Leben zahlreicher Christen und Gemeinden wurde durch den Römerbrief verändert – bis zum heutigen Tag.


In diesem ausführlichen Kommentar zeigt R.C. Sproul unsere Sündhaftigkeit und Unfähigkeit, uns selbst zu erretten, die Gerechtigkeit Gottes und Seine wunderbare Gnade, das Heil in Christus, unsere Verantwortung, Gottes souveränes Handeln gegenüber Israel und das geheiligte Leben eines Christen.


Lass Dich beim Lesen dieses Kommentars erbauen, indem Du die konsequente Art und Weise beobachtest, in welcher der Apostel Paulus die Herrlichkeit Jesu hervorhob, während er zum Gehorsam des Glaubens aufrief.

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Miteinander als Christen leben

von Sam Derksen Lesezeit: 7 min