»Das missionarische Leben ist schlichtweg eine Chance, zu sterben.«
Das war Amy Carmichaels Antwort auf die Frage, was man vom Leben auf dem Missionsfeld erwarten könne. Diese Antwort spiegelt ihre völlige Hingabe an den Herrn wider und macht deutlich, worin ihre Hoffnung lag. Sie hatte verstanden, was der Kern der Nachfolge Christi ist: Tod bewirkt Leben. Du musst dich selbst, dein eigenes Ich, aufgeben, um dem Herrn nachfolgen und dienen zu können.
Ian Hamilton schreibt:
Das Leben eines Missionars ist völlig unromantisch. Es erfordert Einsatz, Hingabe, Entschlossenheit und die Bereitschaft, zu sterben. Das war die Grundvoraussetzung, die Jesus an jeden angehenden Jünger stellte. Denn Er sagte: »Wenn jemand Mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge Mir nach« [Lk. 9,23], und Er meinte damit nicht, dass Ihm zu folgen bedeute, dass das Leben von Unannehmlichkeiten durchsetzt sein würde. In höchst dramatischer Sprache sagte Jesus: »Wenn ihr nicht bereit seid, zu sterben, könnt ihr Mir nicht nachfolgen.« Deshalb sollte die erste Frage, die jedem potenziellen Missionar gestellt werden sollte, lauten: »Teilen Sie uns mit, wie hoch Sie den Herrn Jesus Christus achten und wertschätzen.« Es ist der Wert, den wir Gottes Sohn beimessen, der uns mehr als alles andere befähigen wird, die Kosten zu tragen – die oft schmerzhaften Kosten –, um Ihm in dieser dunklen und feindlichen Welt zu dienen.
Amy Carmichael lebte ein solches Leben. Viele Jahre verbrachte sie damit, Tempelkinder, die als Opfergabe für hinduistische Götter preisgegeben wurden, ihrem Verderben zu entreißen, und sie sorgte für einen Zufluchtsort für sie. Doch wer war sie? Und was bewog sie zu solch einem Leben?
Amy Carmichael wurde 1867 in einer gläubigen Familie in Millisle, Nordirland, geboren. Sie war ein kleiner Wildfang mit einer fröhlichen Natur, lustigen Ideen und großen Träumen. Der Entschluss ihrer Eltern, sie im Alter von 12 Jahren auf das Mädcheninternat in Harrogate, Yorkshire zu schicken, stieß bei Amy zunächst auf Begeisterung. Die Eltern beteten weiterhin für ihre Umkehr und schickten ihr Briefe. Das waren für Amy – gerade in der ersten Zeit der Umgewöhnung – die schönsten Momente. Hin und wieder schickte ihr die Mutter auch Blumen, um ihrer Tochter eine Freude zu machen. Während der Zeit am Internat besuchten die Mädchen Gottesdienste, die in der Nähe stattfanden, und Missionsabende, die eigens dazu organisiert wurden, den Kindern und Jugendlichen das Evangelium zu erklären. Amy war gerade 15 Jahre alt, als sie einen dieser Missionsabende besuchte. Von ihrer Sünde überführt, tat sie Buße und setzte ihr Vertrauen auf den Retter – Jesus Christus. Sie schickte einen Brief nach Hause, in dem sie ihren Eltern ihre Freude mitteilte – ein Brief, der die Herzen der Eltern vor Freude übersprudeln ließ. Von diesem Moment an veränderte sich Amys Leben
völlig.
Wie Amys Missionsdienst begann
Es war kein spektakuläres Ereignis, das Amy im Alter von etwa 20 Jahren dazu antrieb, Menschen von der Rettung in Christus zu erzählen. Als sie mit ihren Geschwistern an einem Sonntag nach dem Gottesdienst nach Hause ging, sahen sie eine dürftig gekleidete alte Frau, die ein schweres Bündel trug, und beschlossen ihr zu helfen. Diese Frau gehörte zu den sogenannten Schalträgerinnen, die oft unter furchtbaren Bedingungen in den örtlichen Fabriken in Belfast arbeiteten. Es waren verachtete Frauen, am Rande der Gesellschaft, die der Herr nun mit Seinem Evangelium erreichte. Bald darauf versammelten sich etwa 500 von ihnen in der neuen Willkommenshalle, die für diesen Dienst errichtet worden war. Ob Amy Carmichael wohl schon ahnte, dass der Herr sie auf eine größere Aufgabe und Verantwortung vorbereitete?
Gott legte ihr die Missionsarbeit in Asien aufs Herz, wo das Evangelium noch kaum verbreitet war. Ihre Freunde meinten, sie sei nicht dafür geschaffen, aufs Missionsfeld zu gehen, da sie gesundheitlich schwach war. Allerdings hatten sie nicht mit Gott gerechnet. Sie hatten nicht verstanden, dass Er gerade schwache Werkzeuge benutzt, damit sich niemand rühmen kann und Er allein die Ehre bekommt. Im Alter von 24 Jahren reiste sie zum ersten Mal aufs Missionsfeld nach Japan, dann über China nach Ceylon (Sri Lanka). Amys Gesundheitszustand verschlimmerte sich und zwang sie schließlich, sich in Bangalore, Indien, zu erholen, da das Klima dort besser war und ihr Erleichterung verschaffen würde.
Kaum jemand glaubte, dass sie es länger als 6 Monate auf dem Missionsfeld, so weit entfernt von ihrer Heimat, aushalten würde; doch sie erholte sich und kehrte nie mehr in ihre Heimat zurück. Gott machte sie mit der Arbeit vertraut, die zum Mittelpunkt ihres restlichen Lebens werden sollte, und gab ihr die Gewissheit, dass Er diesen Platz für sie vorgesehen hatte.
In Bangalore wurde Amy Carmichael zunehmend auf den unvorstellbaren Missbrauch aufmerksam, der wehrlosen Kindern in Hindu-Tempeln angetan wurde. Unzählige Kinder wurden den Göttern geweiht und gezwungen, mit den Tempelpriestern zu leben; die meisten Mädchen unter ihnen wurden zur Prostitution gezwungen, um Geld zu verdienen.
Amy kleidete sich in einen Sari und färbte ihre Haut mit Kaffee, um indisch auszusehen, bevor sie die Hindu-Tempel betrat, um Tempelkinder zu beobachten und zu entführen. Wurde eines der Kinder bei einem Fluchtversuch erwischt, drohte ihm schlimme Folter.
Nach und nach nahm Amy Hunderte von ungewollten Kindern auf, die sie aus den Tempeln herausschmuggelte, wenn niemand hinsah. Es wurde ein Heim gebaut, in welchem Mitarbeiter sich um die Kinder kümmerten. Der Dienst wurde als »Dohnavur Fellowship« bekannt. Die Kinder nannten Amy Carmichael nur »Amma« – das tamilische Wort für Mutter. Bei denjenigen aber, die von der Tempelsklaverei profitierten, war sie als »die weiße Frau, die Kinder stiehlt« bekannt.
Gottes Absicht für ihr Leben war offensichtlich, und Amy widmete ihre Zeit der Betreuung von geretteten Tempelkindern.
Im Alter von 63 Jahren stürzte Amy schwer und war für den Rest ihres Lebens bettlägerig. Sie nutzte die Zeit, um Bücher und Gedichte zu schreiben, die unzählige Christen dazu ermutigten, ihre unbedeutenden irdischen Ziele aufzugeben und anderen das Evangelium der Gnade Gottes zu verkündigen.
Amy Carmichael diente dem Herrn 55 Jahre lang voller Hingabe, bis sie im Alter von 83 Jahren starb. Während dieser Zeit durfte sie durch die Gnade Gottes insgesamt über 1000 missbrauchte und versklavte Kinder retten, und sie erzählte ihnen von dem Herrn Jesus, der in diese Welt gekommen ist, um Sünder zu retten und sie mit dem himmlischen Vater zu versöhnen.
Sie kehrte nie zurück, um ein Lob für ihre Arbeit zu bekommen. Für Amy galt alles, was die Aufmerksamkeit auf sie selbst lenkte, als Diebstahl bezüglich der Aufmerksamkeit gegenüber dem Gott, dem sie diente. 1919 wurde ihr in Großbritannien für ihre Dienste in Indien die »Kaiser-I-Hind«-Medaille verliehen. Als sie davon erfuhr, schrieb sie nach England und bat darum, diese Ehrung zurückzunehmen. »Es beunruhigt mich, etwas so ganz anderes zu bekommen als unser Herr Jesus, der verachtet und verlassen war – und nicht freundlich geehrt«, war ihre Antwort. Schließlich wurde sie doch noch überredet, die Ehrung anzunehmen; sie weigerte sich aber entschieden, der Verleihungsfeier beizuwohnen.
Ironischerweise wurde die Frau, die keine andere Ehre wollte als die, eine Dienerin Christi zu sein, dennoch berühmt. Ihr Beispiel aufopfernder Liebe hat zahllose Christen ermutigt, ihr auf das Missionsfeld zu folgen.
… schaut das Ende ihres Wandels an und ahmt ihren Glauben nach!
Hebräer 13,7
Buchtipp:
Der beeindruckende Lebenslauf einer außergewöhnlichen, irischen Indienmissionarin
Sie war in Japan, China, Ceylon und kam schließlich nach Indien. Es klingt nach einem Abenteuer, und tatsächlich ist es auch eine sehr spannende Geschichte, oft mit vielen Ängsten verbunden, dennoch mit einem festen Vertrauen auf Gott.
Amy Carmichael ging als Missionarin nach Indien, angetrieben von tiefer Liebe und vom Glauben an Jesus Christus. Anfangs schien alles gut und fröhlich zuzugehen, doch bald erkannte Amy dort eine Welt von Kindesentführung, Folter und Zauberei. Aber sie erlebte auch erstaunliche Gebetserhörungen und wunderbare Befreiungen. Zahlreiche Tempelkinder, die als Opfergabe für hinduistische Götter preisgegeben wurden, entriss sie ihrem Verderben und sorgte für einen Zufluchtsort für sie.
Amys Leben ist gekennzeichnet von bedingungsloser Liebe und Gehorsam gegenüber dem einen Herrn – Jesus Christus!