Die Kosten der Jüngerschaft

9 Februar, 2023

Kategorie: Erbauung

Die Kosten der Jüngerschaft

Die Aufforderung Jesu, sich selbst zu verleugnen und Ihm nachzufolgen, war eine Einladung zur Errettung und kein Angebot eines »höheren Lebens« oder eines zweiten Glaubensschrittes nach der Errettung. Die zeitgenössische Lehre, welche die Jüngerschaft von der Errettung trennt, entspringt Vorstellungen, die der Heiligen Schrift fremd sind.

Jeder Christ ist ein Jünger. In der Tat lautete der Missionsbefehl des Herrn: »So geht nun hin und macht zu Jüngern alle Völker, … und lehrt sie alles halten, was Ich euch befohlen habe« (Mt. 28,19-20). Das bedeutet, dass die Aufgabe der Gemeinde und das Ziel der Evangelisation darin besteht, Jünger zu machen. Jünger sind Menschen, die glauben, und deren Glaube sie dazu motiviert, alles zu befolgen, was Jesus geboten hat. Das Wort Jünger wird in der Apostelgeschichte durchgängig als Synonym für Gläubige verwendet (6,1.2.7; 11,26; 14,20.22; 15,10). Jede Unterscheidung zwischen den beiden Wörtern ist rein künstlich. Obwohl sie von aufrichtigen und wohlmeinenden Menschen eingeführt wurde, hat sie eine Theologie des oberflächlichen Glaubens hervorgebracht, der sich der harten Forderungen Jesu entledigt. 

Wenn Jesus Jünger berief, wies Er sie sorgfältig auf die Kosten der Nachfolge hin. Halbherzige Menschen, die nicht bereit waren, diese Verpflichtung einzugehen, wandten sich ab. So wies Er jeden ab, der sich weigerte, den Preis zu zahlen – wie den reichen Jüngling. Er warnte alle, die sich mit dem Gedanken trugen, Jünger zu werden, dass sie die Kosten sorgfältig abwägen sollten. »Denn wer von euch, der einen Turm bauen will, setzt sich nicht zuvor hin und berechnet die Kosten, ob er die Mittel hat zur gänzlichen Ausführung, damit nicht etwa, wenn er den Grund gelegt hat und es nicht vollenden kann, alle, die es sehen, über ihn zu spotten beginnen und sagen: Dieser Mensch fing an zu bauen und konnte es nicht vollenden!« (Lk. 14,28-30).

Ein Christ ist nicht jemand, der quasi eine »Feuerversicherung« abschließt – der »Christus annimmt«, nur um der Hölle zu entgehen. Wie wir wiederholt gesehen haben, drückt sich der Glaube der wahren Gläubigen in Unterwerfung und Gehorsam aus. Christen folgen Christus nach. Sie bekennen sich zweifellos zu Christus als ihrem Herrn und Retter. Sie wollen Gott wohlgefällig sein. Sie sind demütige, sanftmütige Lernende. Wenn sie versagen, suchen sie Vergebung und gehen weiter. Das ist ihr Geist und ihre Ausrichtung.

Der Aufruf zur christlichen Jüngerschaft verlangt ausdrücklich genau diese Art totaler Hingabe. Es geht um völlige Einsatzbereitschaft, bei der nichts wissentlich oder absichtlich zurückgehalten wird. Niemand kann unter anderen Bedingungen zu Christus kommen. Diejenigen, die meinen, sie könnten einfach eine Liste von Fakten über das Evangelium bejahen und weiterhin so leben, wie es ihnen gefällt, sollten sich selbst prüfen, um zu erkennen, ob sie wirklich im Glauben sind (2.Kor. 13,5). 

In Matthäus 10,32-39 forderte Jesus Seine Jünger heraus, indem Er sagte: 

»Jeder nun, der sich zu Mir bekennt vor den Menschen, zu dem werde auch Ich mich bekennen vor Meinem Vater im Himmel; wer Mich aber verleugnet vor den Menschen, den werde auch Ich verleugnen vor Meinem Vater im Himmel … Wer Vater oder Mutter mehr liebt als Mich, der ist Meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als Mich, der ist Meiner nicht wert. Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und Mir nachfolgt, der ist Meiner nicht wert. Wer sein Leben findet, der wird es verlieren; und wer sein Leben verliert um Meinetwillen, der wird es finden!«

Unser Herr hat keine eindeutigere Aussage über Jüngerschaft gemacht als diese. Er verdeutlicht in möglichst klarer Sprache die Kosten der Jüngerschaft. Die Worte richten sich vor allem an die Zwölf, aber sie sind Grundsätze der Jüngerschaft, die für uns alle gelten. In Matthäus 10,24 heißt es: »Der Jünger ist nicht über dem Meister.« Mit Jünger ist hier jeder Jünger gemeint, und die Worte, die bis zum Ende des Kapitels folgen, gelten für die Jüngerschaft im Allgemeinen. 

Diejenigen, welche die Jünger als eine gesonderte Klasse von engagierteren Gläubigen betrachten, werden darauf hinweisen, dass die Zwölf – oder zumindest elf von ihnen – bereits an Christus glaubten und daher keine Unterweisung darüber brauchten, was es bedeutet, mit rettendem Glauben zu Christus zu kommen. Es stimmt, dass die meisten Jünger zweifellos schon wiedergeboren waren; aber das schmälert nicht die Auswirkung dieser Worte auf sie. Tatsache ist, dass auch diese Männer bereits Jünger genannt wurden (Mt. 10,1). Dies war keine Einladung zu einer höheren Art von Beziehung, sondern eine Erinnerung an das, was bereits festgelegt wurde, als sie zum Glauben kamen. Unser Herr belehrte sie auch weiterhin über den Sinn des Glaubens und der Errettung und erinnerte sie ständig an die Verpflichtung, die sie eingegangen waren, als sie sich entschieden, Ihm nachzufolgen. 

Diese Worte gelten auch für dich und mich. In Lukas 14,25-35 finden sich ähnliche Worte – sogar in einer noch stärkeren Sprache –, die Jesus nicht nur zu den Zwölfen, sondern auch zu den vielen Menschen sprach, die gekommen waren, um Ihn zu hören.

In Matthäus 10,2 werden die Zwölf als »Apostel« bezeichnet. Das bedeutet »Gesandte«. Nachdem sie ihre Grundausbildung abgeschlossen hatten, sandte Jesus sie aus, um zu predigen. Bei diesen Anweisungen, die Er ihnen zum Abschied mitgab, verwendet Er aber das Wort Jünger, nicht Apostel. Seine Worte gelten für jeden Jünger und dienen als Wegweisung für jeden potenziellen Nachfolger Jesu.

Christus vor anderen bekennen

Die Verse 32-33 aus Matthäus 10 erinnern an die ehrfurchtgebietende Gerichtsszene in Matthäus 7,21-23. »Jeder nun, der sich zu Mir bekennt vor den Menschen, zu dem werde auch Ich Mich bekennen vor Meinem Vater im Himmel; wer Mich aber verleugnet vor den Menschen, den werde auch Ich verleugnen vor Meinem Vater im Himmel.« Bedeutet dies, dass das Bekenntnis vor anderen eine Bedingung dafür ist, ein wahrer Christ zu werden? Nein, aber es bedeutet, dass es ein Merkmal eines jeden echten Gläubigen ist, dass er den Glauben an Christus vorbehaltlos bekennt. Paulus schrieb: »Denn ich schäme mich des Evangeliums von Christus nicht; denn es ist Gottes Kraft zur Errettung …« (Röm. 1,16). 

Das Herzstück echter Jüngerschaft ist die Verpflichtung, Jesus Christus ähnlich zu werden. Das bedeutet, sowohl so zu handeln wie Er, als auch bereit zu sein, die gleiche Behandlung wie Er hinzunehmen. Es bedeutet, einer Welt entgegenzutreten, die Ihm feindlich gesinnt ist, und dies auch noch furchtlos zu tun. Es bedeutet, vor anderen zu bekennen, dass Jesus der Herr ist, und darauf zu vertrauen, dass Er auch für uns vor dem Vater eintritt.

»Bekennen« bedeutet bekräftigen, anerkennen, übereinstimmen. Es ist eine Feststellung der Identifizierung, des Glaubens, der Zuversicht und des Vertrauens. Man kann Christus mit dem Mund bekennen, wie es in Römer 10,9 steht, aber auch durch rechtschaffenes Verhalten, wie Titus 1,16 andeutet. Wir sollen Christus »vor den Menschen« bekennen. Dies unterstreicht den öffentlichen Charakter unseres Bekenntnisses, und seine Bedeutung kann nicht umgangen werden. In Römer 10,10 lesen wir: »Denn mit dem Herzen glaubt man, um gerecht zu werden, und mit dem Mund bekennt man, um gerettet zu werden.« Wenn das Herz wirklich glaubt, wird der Mund eifrig sein zum Bekennen. Das Bekennen ist nicht lediglich ein menschliches Werk; es wird von Gott veranlasst und durch Seinen Geist angeregt; es ist eine Folge des Glaubensaktes und ist untrennbar mit ihm verbunden. Noch einmal, das Bekennen ist ein Merkmal des wahren Glaubens; es ist keine zusätzliche Bedingung für die Errettung.

In 1. Johannes 4,15 heißt es: »Wer nun bekennt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, in dem bleibt Gott und er in Gott.« Was ist das Kennzeichen eines wahren Christen? Er bekennt Jesus als den Sohn Gottes.

Das bedeutet nicht, dass ein Jünger bei jeder Gelegenheit für den Herrn eintritt. Petrus verleugnete den Herrn dreimal in der Nacht, in der Er verraten wurde. Dann war da noch Timotheus, vielleicht der beste Schüler von Paulus und Leiter der Gemeinde in Ephesus. Dieser engagierte junge Mann mit solch wunderbaren pastoralen Gaben war ein Vorbild eines Jüngers. Aber vielleicht durchlebte er eine kurzzeitige geistliche Schwäche, oder er war anfällig für Angst. Paulus musste ihm schreiben: »So schäme dich nun nicht des Zeugnisses von unserem Herrn« (2.Tim. 1,8). 

Ein Augenblick des Versagens macht das Zeugnis eines Jüngers nicht ungültig. Wir alle haben es öfters versäumt, als wir es zugeben möchten, Christus vor anderen zu bekennen. Aber wenn wir wahre Jünger sind, werden wir nicht absichtlich und kalkuliert unseren Glauben ständig vor allen verborgen halten. Sogar Joseph von Arimathia, den der Apostel Johannes einen »heimlichen Jünger« nannte, hatte den Mut, nach der Kreuzigung zum Statthalter Pilatus zu gehen und um den Leib Jesu zu bitten (Joh. 19,38).

Christus sagt, dass Er uns vor dem Vater im Himmel bekennen wird (Mt. 10,32). Was bedeutet das? Christus wird am Tag des Gerichts sagen: »Dieser gehört zu Mir!« Er wird Seine Treue zu denen beteuern, die ihre Treue zu Ihm beteuert haben. Die andere Seite wird auch dargelegt: »Wer Mich aber verleugnet vor den Menschen, den werde auch Ich verleugnen vor Meinem Vater im Himmel« (V. 33). Damit sind nicht in erster Linie offensichtliche Verächter gemeint – Menschen, die Christus unverhohlen verleugnen, nichts mit Ihm zu tun haben wollen, Ihn verachten, gegen Ihn reden oder Seinen Namen lästern. Diese Wahrheit trifft sicherlich auch auf solche Menschen zu; aber unser Herr spricht hier speziell von falschen Jüngern – Menschen, die behaupten, Christen zu sein, es aber nicht sind. 

Wenn sie auf die Probe gestellt werden, verleugnen sie konsequent den Herrn, entweder durch ihr Schweigen, durch ihr Handeln, oder durch ihre Worte. Tatsächlich umfasst der Begriff hier all diese Dinge. Er spricht von jemandem, dessen ganzes Leben eine Verleugnung Christi ist. Solch ein Mensch mag behaupten, gläubig zu sein, aber alles an seinem Lebenswandel zeugt von Verleugnung (vgl. Tit. 1,16). Die Gemeinden sind voll von solchen Menschen, die sich als Jünger ausgeben, aber den Herrn gewohnheitsmäßig auf sehr bestürzende Art verleugnen. Christus wird sie vor Gott verleugnen (Mt. 10,33).

In Matthäus 25,31-46 wird detailliert dargelegt, was im Gericht geschehen wird. Dieser Abschnitt beschreibt insbesondere die Trennung von Schafen und Böcken, wenn Jesus wiederkommt. Der Grundsatz gilt jedoch für jede Phase des göttlichen Gerichts. Hier stellt der Herr die Schafe (die, welche Ihn bekannt haben) zu Seiner Rechten, und die Böcke (also solche, die Ihn verleugnet haben) zu Seiner Linken (V. 33); die Schafe führt Er in Sein Reich hinein. Das sind die Gerechten, die Ihn bekannt haben. Woher wissen wir das? Er sagt: »Denn Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt Mich gespeist; Ich bin durstig gewesen, und ihr habt Mir zu trinken gegeben; Ich bin ein Fremdling gewesen, und ihr habt Mich beherbergt; Ich bin ohne Kleidung gewesen, und ihr habt Mich bekleidet; Ich bin krank gewesen, und ihr habt Mich besucht; Ich bin gefangen gewesen, und ihr seid zu Mir gekommen« (V. 35-36). Wieder einmal erkennen wir, dass das Muster ihres Lebens die Realität ihres Anspruchs offenbart, Christus zu kennen. Diejenigen, die nicht in einer Weise leben, die mit dem Glauben an Christus vereinbar ist, werden in die ewige Strafe geschickt (V. 46).

Die Prioritäten richtig setzen

Ein zweites Kennzeichen eines wahren Jüngers ist es, Christus mehr zu lieben als die eigene Familie (Mt. 10,35-37). Insbesondere Vers 37 ist sehr kraftvoll: »Wer Vater oder Mutter mehr liebt als Mich, der ist Meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als Mich, der ist Meiner nicht wert.«

Wenn du meinst, das sei zu heftig, dann schau dir die Parallelstelle in Lukas 14,26-27 an: »Wenn jemand zu Mir kommt und hasst nicht seinen Vater und seine Mutter, seine Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann er nicht Mein Jünger sein. Und wer nicht sein Kreuz trägt und Mir nachkommt, der kann nicht Mein Jünger sein.«

Müssen wir unsere Familien buchstäblich hassen, um Jünger sein zu können? Natürlich werden wir mit diesen Versen nicht zu Hass aufgerufen in irgendeinem Sinn, der gegen die klaren Gebote Gottes verstößt, wie z. B. »Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren« (2.Mo. 20,12), und »Ihr Männer, liebt eure Frauen« (Eph. 5,25). Der Schlüssel zu diesem Abschnitt ist die Formulierung: »… und hasst nicht … dazu aber auch sein eigenes Leben …« (Lk. 14,26). Der Herr sagt damit, dass wir Ihm bedingungslos treu sein müssen, sogar mehr als unseren Familien – und vor allem mehr als uns selbst. Die Heilige Schrift lehrt uns, dass wir uns selbst verleugnen sollen (Mt. 16,24), uns für tot halten sollen (Röm. 6,11), den alten Menschen abgelegt haben sollen (Eph. 4,22) – dass wir den egoistischen Aspekt unseres Wesens mit äußerster Verachtung behandeln sollen (vgl. 1.Kor. 9,27). Das ist die gleiche Haltung, die wir gegenüber unseren irdischen Besitztümern und sogar gegenüber unseren Familien einnehmen sollen.

Wieso ist diese Ausdrucksweise so streng? Wieso verwendet Christus solch anstößige Begriffe? Weil Er die Unentschlossenen genauso gern vertreibt, wie Er die wahren Jünger zu sich zieht. Er möchte nicht, dass halbherzige Menschen sich täuschen lassen und denken, sie gehörten zu Seinem Reich. Solange Er nicht als Herr geehrt wird, hat Er nicht den Ihm rechtmäßigen Platz bekommen.

Das Kreuz auf sich nehmen

Diejenigen, die nicht bereit sind, ihr Leben für Christus zu verlieren, sind Seiner nicht wert (Mt. 10,38). Sie können nicht Seine Jünger sein (Lk. 14,27). Diese Aussagen können nicht mit dem lässigen Bekehrungsstil in Einklang gebracht werden, der in unserer Generation gängig ist. Jesus bittet die Menschen nicht darum, Ihn zu einem Teil ihres Lebens zu machen. Er möchte Jünger haben, die bereit sind, alles aufzugeben. Das erfordert eine umfassende Selbstverleugnung – sogar die Bereitschaft, für Ihn zu sterben, wenn es sein muss.

Wenn es in Matthäus 10,38 heißt: »Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und Mir nachfolgt, der ist Meiner nicht wert«, dann ist mit diesem »Kreuz« nicht eine schwierige Situation, eine chronische Krankheit oder ein nörgelnder Ehepartner gemeint, was man alles zu ertragen habe. Ich habe schon Predigten gehört, in denen das Kreuz so vergeistigt wurde, dass damit alles gemeint sei, von einer launenhaften Schwiegermutter über ein undichtes Dach, bis hin zu einem 1957er Chevy. Aber das war nicht die Bedeutung des Wortes Kreuz für die Zuhörer Jesu im ersten Jahrhundert. Ihnen kamen dabei nicht langfristige Schwierigkeiten oder lästige Bürden in den Sinn. Es rief nicht einmal Gedanken an Golgatha hervor – zumal der Herr noch nicht ans Kreuz gegangen war und sie nicht verstanden hatten, dass Er dies tun würde.

Wenn Jesus zu jemandem sagte: »Nimm das Kreuz auf dich«, dann dachte man an ein grausames Folter- und Hinrichtungsinstrument. Man dachte an ein Sterben auf die qualvollste Art und Weise, die einem Menschen bekannt ist. Man dachte an arme, verurteilte Straftäter, die an den Kreuzen am Straßenrand hingen. Zweifellos hatte man schon gesehen, wie Menschen auf diese Art hingerichtet wurden.

Die Zuhörer Jesu verstanden, dass Er sie hiermit aufrief, für Ihn zu sterben. Sie wussten, dass Er von ihnen verlangte, das ultimative Opfer zu bringen und sich Ihm in jeder Hinsicht als dem Herrn zu unterwerfen.

Der Herr fügt noch einen letzten scheinbar paradoxen Gedanken über die Bedeutung der Jüngerschaft hinzu: »Wer sein Leben findet, der wird es verlieren; und wer sein Leben verliert um Meinetwillen, der wird es finden!« (Mt. 10,39). »Wer sein Leben findet«, das scheint sich auf eine Person zu beziehen, die ihren Leib unversehrt bewahrt, indem sie Christus unter Bedrängnis verleugnet, oder auf jemanden, der sich an sein Leben klammert, anstatt das Kreuz auf sich zu nehmen. Weil seine erste Sorge der Erhaltung seines leiblichen Lebens gilt, verliert dieser Mensch seine unsterbliche Seele. Umgekehrt werden diejenigen, die bereit sind, ihr Leben um Christi willen zu verlieren, das ewige Leben empfangen.

Die Bibel lehrt nicht Errettung durch Märtyrertod. Der Herr hat den Jüngern nicht geraten, zu versuchen, sich für Ihn umbringen zu lassen. Wieder einmal bezog Er sich lediglich auf ein Muster, eine Richtung. Er sagte einfach, dass echte Christen nicht zurückschrecken, auch nicht im Angesicht des Todes. Um es anders auszudrücken: Wenn man sich entscheiden muss, ob man sich selbst oder dem Herrn dienen soll, dann beschließt der wahre Jünger, dem Herrn zu dienen, auch wenn es ihn persönlich viel kostet.

Noch einmal: Das bedeutet nicht zwingend, dass vorübergehendes Versagen wie das des Petrus ausgeschlossen sei. Aber auch Petrus erwies sich schließlich als wahrer Jünger, nicht wahr? Es kam die Zeit, in der er bereitwillig sein Leben um Jesu willen hingab. 

Lukas 9,23 berichtet von ähnlichen Worten Jesu: »Wenn jemand Mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge Mir nach.« Beachte die Hinzufügung des einen Wortes: »täglich«. Das Leben eines Jüngers provoziert Verfolgung und muss daher von täglicher Selbstverleugnung geprägt sein. Paulus schrieb an die Korinther: »So wahr ihr mein Ruhm seid, den ich habe in Christus Jesus, unserem Herrn: Ich sterbe täglich!« (1.Kor. 15,31).

Das Konzept täglicher Selbstverleugnung passt nicht zu der zeitgemäßen Vorstellung, dass der Glaube an Jesus die Entscheidung eines Augenblicks sei. Ein wahrer Gläubiger ist jemand, der sich für das ganze Leben verpflichtet. Der Autoaufkleber »Probier’s mal mit Jesus« zeugt von einer Mentalität, die der wahren Jüngerschaft fremd ist – der Glaube ist kein Experiment, sondern eine lebenslange Verpflichtung. Es bedeutet, täglich das Kreuz auf sich zu nehmen und jeden Tag alles für Christus hinzugeben. Es bedeutet: keine Vorbehalte, keine Unbestimmtheit, kein Zögern (Lk. 9,59-61). Es bedeutet, dass nichts wissentlich zurückgehalten wird, nichts absichtlich vor Seiner Herrschaft abgeschirmt wird, nichts hartnäckig Seiner Kontrolle entzogen wird. Es erfordert eine schmerzhafte Trennung von den Verbindungen mit der Welt, ein Verschließen der Ausstiegsluken, ein Sich-Entledigen von jeglicher Art der Sicherheit, auf die man im Fall des Versagens zurückgreifen könnte. Echte Gläubige wissen, dass sie den Weg mit Christus bis zum Tod fortsetzen. Nachdem sie ihre Hand an den Pflug gelegt haben, werden sie nicht zurückblicken (V. 62).

So muss es für alle sein, die Jesus Christus nachfolgen möchten. Genau das ist das Wesen wahrer Jüngerschaft.


Ein Auszug aus dem Buch:

Jesus allein

In »Jesus allein« macht John MacArthur deutlich, dass das von Jesus verkündete Evangelium ein Aufruf zur Selbstverleugnung, zu radikalen Veränderungen und zum Dienst für Ihn ist. Schwierige Forderungen? Menschlich gesehen unmöglich! Doch diese Lebensweise ist erreichbar, wenn wir verstehen, dass echter Glaube ein Herz hervorbringt, das sich völlig der Herrschaft Christi unterwirft.

»Jesus allein« beleuchtet das Evangelium, das Jesus Selbst gepredigt hat.

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Die Kosten der Jüngerschaft

von Verena Penner Lesezeit: 13 min