Der Kampf mit der Welt

25 Juni, 2025

Kategorie: Bücher, Erbauung

Thema: Heiligung, Welt

Der Kampf mit der Welt

Martin Luther sprach von einem dreifachen Kampf im Leben des Christen. Ein Christ steckt im Kampf mit der Welt, mit dem Fleisch und mit dem Teufel. Dies sind furchtbare Gegner. Sie kämpfen nicht immer mit fairen Mitteln. Es ist eine verschworene Attacke. Die Taktiken des Feindes sind überaus verschlagen. Satan ist der Meister der hinterlistigen Kriegsführung. Das Fleisch ist ein Feind im Innern, ein Saboteur, der den Heiligen Geist zu untergraben sucht. 

Wenn wir dazu leben, um einem gerechten Gott zu gefallen, haben wir unaufhörlich mit diesen Feinden zu kämpfen. Zum Teil besteht der Prozess der Heiligung darin, dass wir gegen diese Feinde kämpfen und – wenn wir wahrhaftig wachsen – auch mehr und mehr über sie triumphieren dürfen. Jeder feinfühlige Gläubige weiß nur zu gut, wie schwierig es sein kann, gegen eine derart furchtbare Gegnerschaft Siege zu erringen. 

Heute werden wir den ersten der drei Feinde – die Welt – genauer betrachten. Der Geist oder die Gesinnung der Welt, das Wertesystem einer gefallenen Schöpfung, mögen sich vom Fleisch und vom Teufel unterscheiden, sind aber nicht davon zu trennen. Das Fleisch ist ein Teil der gefallenen Welt, und der Teufel ist der Fürst dieser Welt. 

Keine neutrale Zone

Wir leben in dieser Welt, sind ein Teil davon. Wir sind bis zu einem gewissen Grad Erzeugnisse dieser Welt. Dennoch ist die Welt unser Schlachtfeld. Der Krieg findet nicht in irgendeinem Theater statt. Die Welt umfasst unsere eigene Heimatstadt. Wo auch immer wir leben und uns bewegen, wir bleiben in den Kampf mit den Feinden einbezogen. Es gibt keine entmilitarisierte Zone. Der gesamte Planet ist gefallen. Die gesamte Schöpfung wartet seufzend auf ihre Erlösung (Röm. 8,20-22). 

Wir schauen der verheißenen neuen Welt entgegen, in welcher der Wolf neben dem Lamm liegen und das Kind gefahrlos am Schlupfloch der Natter spielen wird (Jes. 11,6-9). Doch zum jetzigen Zeitpunkt laden wir keine Wölfe ein, um Schäferhunde für unsere Schafe zu sein. 

Die Verführungskraft der Welt

Diese Welt ist verführerisch. Sie versucht, unsere Aufmerksamkeit und unsere Zuneigung auf sich zu lenken. Sie ist so greifbar nahe, so sichtbar, so verlockend. Sie verdeckt uns den Blick auf den Himmel. Was sichtbar ist, das wetteifert um unsere Aufmerksamkeit. Es verführt unsere Augen und hindert uns daran, nach einem besseren Land Ausschau zu halten, dessen Erbauer und Schöpfer Gott ist. Die Welt gefällt uns – die meiste Zeit zumindest –, und leider verbringen wir unser Leben oft in dem Bestreben, ihr zu gefallen. Genau daraus entsteht der Konflikt; denn das, was der Welt gefällt, deckt sich selten mit dem, was Gott gefällt. 

Der Druck der Anpassung: Beliebtheit als Maßstab

Der göttliche Ruf, der an uns ergeht, lautet: »Passt euch nicht diesem Weltlauf an« (Röm. 12,2). Doch die Welt möchte uns zu ihren Partnern machen. Wir werden gedrängt, uns an ihrer ganzen Fülle zu beteiligen. Sie setzt uns mit der äußersten Macht des Gruppenzwangs unter Druck. 

Erinnerst du dich noch an die Ängste, die wir alle als Teenager erlebten? Unser Selbstwertgefühl, unser Ansehen, wurde an einem einzigen magischen Wort, an einem einzigen, alles umfassenden Maßstab gemessen: an der Beliebtheit. 

Ich erinnere mich, wie ich in Pittsburgh ein Kaufhaus betrat, um Schuhe zu kaufen. Ich war damals in der sechsten Klasse. Meine Mutter drückte mich in der Schuhabteilung auf eine Bank. Während der Verkäufer mir Schuhe zeigte, fragte er mich, wie es mir so in der Schule gehe. Ich platzte heraus: »Ich bin der beliebteste Junge der ganzen Klasse!« 

Meine Mutter war entsetzt. Sie belehrte mich in Sachen Tugend und Demut. Sie schärfte mir ein, dass meine Prahlerei von allerübelstem Charakter sei. Alles umsonst. Für mich zählte nur, ob meine Behauptung stimmte oder nicht. Ich wollte glauben, dass ich der beliebteste Junge der Klasse sei. In meiner Vorstellung als Sechstklässler war das die entscheidende Frage des Lebens. Oh, natürlich wollte ich, dass meine Eltern mich liebten und meine Schwester stolz auf mich sei, aber das Ziel meiner Existenz war: Beliebtheit. 

An der Beliebtheit hing ein Preisschild. Ich musste mich anpassen. Ich musste »mit von der Partie« sein. Ich musste die richtigen Klamotten tragen, meine Haare in der richtigen Art frisieren, musste die Texte der richtigen Popsongs kennen. 

Aber so etwas vergeht ja mit zunehmender Reife. Oder etwa nicht? Die Preisschilder sind anders, denn nun ist alles teurer. Doch es geht um dasselbe Ziel: Wir wollen immer noch beliebt sein. 

In der neunten Klasse entdeckte ich eine neue Art, mich beliebt zu machen: durch Sport. Ich war der Kapitän der Basketballmannschaft. Meine gesamte Welt drehte sich nur noch darum. Die Pittsburgher Post Gazette berichtete nicht über unsere Spiele. Ich gelangte nicht auf die Titelseite des illustrierten Sportmagazins. Doch in meiner eigenen kleinen Welt war ich ein Held. Wenn wir gewannen, hörte ich die Cheerleader rufen: »Sproul, Sproul, er ist unser Mann; keiner schafft’s, wenn er’s nicht kann.« 

Ich liebte die Tage in der Schule, nachdem unsere Mannschaft ein Spiel gewonnen hatte. Wenn wir durch die Eingangshalle in unsere Klasse gingen, lächelte mich jeder Student an und rief mich beim Namen. Im Speisesaal baten die Mädchen aus der siebten Klasse mich um ein Autogramm auf ihren Servietten. Wenn wir verloren hatten, sah die Sache ganz anders aus. In der Halle senkte ich den Kopf, um den wütenden Blicken auszuweichen. Tränen stahlen sich aus meinen Augenwinkeln und benetzten mein Kissen, wenn ich einzuschlafen versuchte, während mir die Buh-Rufe noch in den Ohren hallten. Nach verlorenen Spielen hielt ich mich von allen fern. 

Ich lernte zwar sehr bald, nicht auf die Jubelrufe der Menge zu vertrauen. Aber nie lernte ich, sie zu verachten. Sie bleiben eine verführerische Kraft in meinem Leben. Ich kämpfe immer noch mit dem Wunsch, Menschen zu gefallen. Ich kämpfe immer noch mit dem Geheimnis der Beliebtheit. Ich hasse es immer noch, ausgebuht zu werden. 

Der tiefe Konflikt 

Sich diesem Weltlauf anzupassen bedeutet, sich in die Formen und Strukturen dieser Welt einzufügen. Es bedeutet, das zu tun, was beliebt ist. Der Konflikt ist folgender: Was bei den Menschen beliebt ist, ist nicht immer bei Gott beliebt. Gott zu gefallen bedeutet nicht immer, den Menschen zu gefallen. Manchmal müssen wir eine klare Entscheidung treffen, wem wir gefallen wollen. Dies ist ein täglicher Kampf im Leben eines Christen

In jeder Generation und in jeder Kultur gibt es einen vorherrschenden Zeitgeist.

Der Zeitgeist, mit dem die Christen heute konfrontiert sind, ist der des Säkularismus, der Verweltlichung. Der Schwerpunkt liegt auf dieser Welt, auf dieser Zeit. Es wird nur wenig Aufmerksamkeit auf Dinge verwendet, die über und jenseits dieser Welt liegen. Über die Ewigkeit wird selten nachgedacht, es sei denn für wenige Augenblicke, an einem Grab. Was zählt, ist das Hier und Jetzt. Für den Augenblick zu leben, für den gegenwärtigen Genuss, das ist das Bestreben in der heutigen Zeit. 

Der säkulare Geist dieser Welt hat seine eigenen modernen Trends und Schwerpunkte, aber im Wesentlichen ist er nicht neu. Jede Generation hatte ihre eigene Form der Säkularisierung. Wir sind erdverbundene Geschöpfe. Unser Augenmerk gilt dieser Welt. 

Jesu Aufruf zur ewigen Perspektive

Genauso war es auch zur Zeit Jesu. Immer wieder rief Er Seine Jünger auf, über die Gegenwart hinauszublicken. Er lenkte ihre Augen auf das Ewige. »Sammelt euch vielmehr Schätze im Himmel«, sagte Er in Matthäus 6,20. Er forderte sie auf, die Dinge im Licht der Ewigkeit abzuwägen: »Denn was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber sein Leben verliert?« (Mt. 16,26)

Die Welt oder die Seele? Der Welt gefallen oder Gott gefallen? Vor dieser Entscheidung steht jede einzelne Generation. Sich dieser Welt anzupassen bedeutet, den Verlust der ewigen Seele zu riskieren. Die Welt legt wenig Wert auf die Seele. »Ein Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach«, dem Zeitgeist unserer Generation entsprechend. Der Geist der Welt lädt uns ein, jetzt zu spielen und später zu bezahlen. Dies ist die populäre Art zu leben. 

Die Berufung zur Unangepasstheit

Wenn der Christ der Verführung dieser Welt widerstehen will, muss er das Risiko wagen, gegen den Strom zu schwimmen. Er muss dazu bereit sein, die Anerkennung der Menschen zu verlieren, um die Anerkennung Gottes zu gewinnen. Deshalb sagte Jesus: »Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und lügnerisch jegliches böse Wort gegen euch reden um Meinetwillen! Freut euch und jubelt, denn euer Lohn ist groß im Himmel« (Mt. 5,11-12).

Das Schlüsselwort in dieser Seligpreisung lautet »um Meinetwillen«. Die Unangepasstheit, zu der wir berufen sind, ist keine Unangepasstheit um ihrer selbst willen. Jeder kann die Aufmerksamkeit auf sich lenken, indem er sich zum Außenseiter macht. Es ist das »um Meinetwillen«, das billige Unangepasstheit von der echten unterscheidet. Willkürlich »out« zu sein hat nichts Tugendhaftes an sich. Unsere Unangepasstheit muss gezielt sein. Sie muss auf die Punkte bezogen sein, auf die es ankommt. 

Wahre Verwandlung statt äußerliche Absonderung

Es ist leicht, Unangepasstheit zu verflachen. Wir können sie auf simple Äußerlichkeiten reduzieren, wie es die Pharisäer taten. Wahre Unangepasstheit beruht aber auf Verwandlung. Der Apostel Paulus ergänzt den negativen Imperativ mit einem positiven Gebot: »Und passt euch nicht diesem Weltlauf an, sondern lasst euch [in eurem Wesen] verwandeln durch die Erneuerung eures Sinnes« (Röm. 12,2)

Für Christen genügt es nicht, aus der Gesellschaft auszusteigen. Die Aufforderung zur Erneuerung und Verwandlung bedeutet keinen Rückzug aus der Welt. Wir brauchen keine weiteren Klöster. Wir müssen über die Formen dieser Welt hinausgehen. Die Perspektive Jesu liegt außerhalb der Formen dieser Welt. Wir sollen uns weder der Welt hingeben noch vor ihr fliehen. Wir sollen die Welt mit einem neuen und anderen Geist durchdringen. 

Es gibt einen veralteten christlichen Spruch, der durch seinen Gebrauch zum Klischee geworden ist: »Wir sollen in der Welt, aber nicht von der Welt sein.« Von der Welt zu sein bedeutet, weltlich gesinnt zu sein, sich dieser Welt anzupassen. Aus der Welt auszusteigen heißt, ein Außenseiter ohne Verwandlung, ohne Erneuerung zu sein.

Der Schauplatz der Erlösung Gottes ist diese Welt. Diese Welt ist es, in die Gott in Christus kam. Christus ließ es nicht zu, dass Seine Jünger sich aus Angst hinter verschlossenen Türen in einem Obersaal versteckt hielten. Auf dem Berg der Verklärung durften keine Hütten gebaut werden. Wir sind berufen, in Jerusalem, Judäa, Samaria und bis an die Enden der Erde Zeugen Christi zu sein. Jerusalem ist in dieser Welt. Judäa ist in dieser Welt. Samaria ist in dieser Welt. Die Enden der Erde sind immer noch in dieser Welt. Wir sollten also nicht vor dieser Welt fliehen. Aber oh wie viele Christen versuchen, genau das zu tun! Und indem sie das tun, werden sie dem Gott missfallen, der die Erlösung der Welt und nicht die Flucht vor ihr wünscht. 

Der Weg zu einer erneuerten Gesinnung

Gottes Ruf zur Verwandlung ist ein Ruf zur Erneuerung des Sinnes. Der neue Sinn entwickelt sich durch eine tiefgehende Erforschung der Perspektive Gottes, und diese setzt eine gründliche Kenntnis der heiligen Schriften voraus. Die Bibel offenbart den Sinn Gottes. Je besser wir den Sinn Gottes verstehen, desto weniger kann uns die Welt beeinflussen. 

Geistliche Reife: Von der Weltflucht zum Dienst in der Welt

Wir müssen lernen, wie wir als Gottes Volk mit der Welt und in der Welt leben können. Martin Luther gab ein hilfreiches Beispiel für den christlichen Wachstumsprozess. Er sagte, dass ein Mensch bei der Bekehrung zu Christus zuerst eine Phase des Rückzugs von der Welt und der Verwerfung der Welt durchläuft. Der Neubekehrte ist in einem realen Sinn »fertig mit der Welt«. Die alten Verhaltensmuster der Angepasstheit müssen abgelegt werden. In dieser Phase des Rückzugs vertiefen wir uns in die Dinge, die Gott betreffen. Bevor Paulus als Apostel der Heiden ausgesandt wurde, verbrachte er eine Zeit der Zurückgezogenheit in Arabien. Mose war in der Wüste mit Gott allein, bevor er an den Hof des Pharao geschickt wurde. 

Diese Rückzugsphase ist normal und gesund. Doch, wie Luther betonte, erreichen wir keine geistliche Reife, solange wir nicht fähig sind, neu in die Welt einzutreten, sie anzunehmen, nicht wie wir es früher taten, in all ihrer Weltlichkeit, sondern als Schauplatz der Erlösung. Sie ist unser Arbeitsplatz. Sie ist der Ort, den Gott gemacht hat und zu dem Christus kam. Wir geben die Welt nicht auf. In all ihrem Gefallensein ist sie immer noch die Welt unseres Vaters. 

Wir müssen lernen, sie für Ihn zu beanspruchen – nicht durch Angepasstheit, nicht durch Nachgeben angesichts ihrer Verführung, sondern indem wir ihr Zeugnis von unserem Herrn Jesus Christus ablegen. Dies kann ohne Angst geschehen, wenn wir mit einer erneuerten Gesinnung auf die Welt zugehen.

Leuchten in einer dunklen Welt

Eine erneuerte Gesinnung ist entscheidend, um Gott zu gefallen. Der Gott, der unsere Heiligung wünscht, möchte auch, dass wir wie Sterne in der gefallenen Welt leuchten, lesen wir in Philipper 2,14-16. Dies können wir am besten, wenn wir die Verdorbenheit dieser Welt erkennen. Wenn wir anfangen, die Welt so wahrzunehmen, wie Gott sie sieht, dann können wir sie mit dem Evangelium beeinflussen. Und darin gefallen wir unserem Herrn und Erlöser.


Ein Auszug aus »Gott wohlgefällig leben«.

Manchmal scheint es uns im Leben zwei Schritte vorwärts und einen zurück zu gehen.

Heiligung ist kein alltägliches Wort. Tatsächlich hat es in unserer ich-fokussierten Welt der Sucht nach sofortiger Befriedigung wenig Wert. Doch unabhängig von Trends, Kulturen oder Meinungen bleibt das Geheiligtsein – das Abgesondertsein von der Welt – ein wichtiger Teil unseres Weges mit Christus.

Doch wie sieht dieser Prozess aus? Wie beginnen wir ihn? Und ist es überhaupt möglich, ein Gott wohlgefälliges Leben zu führen?

R.C. Sproul erklärt, dass dies nicht nur möglich ist, sondern dass es unsere Berufung ist. Er gibt in seinem Buch einen tiefgehenden Einblick in Gottes Plan und Weg zur geistlichen Reife. Sproul enthüllt das postmoderne Denken und die Verführung durch Irrlehren und zeigt, wie jeder Gläubige durch eine Beziehung zu Gott eine authentische, dauerhafte Umgestaltung seines Lebens erfahren kann.

Reich an biblischen Einsichten, bietet dieses Buch einen praktischen Leitfaden für jeden, der sich danach sehnt, ein Leben zu führen, das den Erretter ehrt.

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Der Kampf mit der Welt

von Sam Derksen Lesezeit: 10 min