Wenn man den typischen Christen von heute darum bittet, das Evangelium zusammenzufassen, wird man unweigerlich Sätze hören wie: »Nimm Jesus Christus als deinen persönlichen Retter an«, »Bitte Jesus, in dein Herz zu kommen«, »Lade Christus in dein Leben ein«, oder »Entscheide dich für Christus«. Christen haben sich so sehr daran gewöhnt, diese Ausdrücke zu verwenden, dass es dich vielleicht überrascht, wenn du erfährst, dass keiner von ihnen auf biblischer Terminologie basiert. Diese Formulierungen sind Produkte eines verwässerten Evangeliums.
Jesus lehrte, dass die Kosten der Nachfolge hoch sind, dass der Weg schmal ist und nur wenige ihn finden (Mt. 7,13-14). Er sagte, dass vielen, die Ihn ihren Herrn nennen, der Eintritt in das Reich Gottes verwehrt sein wird.
Er sprach diese ernüchternde Warnung aus: »Nicht jeder, der zu Mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen Meines Vaters im Himmel tut. Viele werden an jenem Tag zu Mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in Deinem Namen geweissagt und in Deinem Namen Dämonen ausgetrieben und in Deinem Namen viele Wundertaten vollbracht? Und dann werde Ich ihnen bezeugen: Ich habe euch nie gekannt; weicht von Mir, ihr Gesetzlosen!« (Mt. 7,21-23).
Er sprach nicht von einer am Rand isolierten Gruppe von Mitläufern. Es wird an jenem Tag »viele« geben, die vor Ihm stehen werden und fassungslos erfahren, dass sie noch nie zum Königreich gehörten.
Unzählige Gottesdienstbesucher glauben heute, dass sie errettet seien, weil sie ein Gebet aufgesagt haben, auf einer bestimmten Linie unterschrieben haben, nach vorne gegangen sind und sich dort hingekniet und geweint haben, oder weil sie mit einem Seelsorger gebetet haben, oder weil sie eine andere Erfahrung gemacht haben, und dass sie ihre Errettung niemals in Frage stellen dürften. Aber die Schrift fordert uns auf, uns selbst zu prüfen, um festzustellen, ob wir im Glauben stehen (2.Kor. 13,5). Petrus schreibt: »Darum, Brüder, seid umso eifriger bestrebt, eure Berufung und Auserwählung fest zu machen; denn wenn ihr diese Dinge tut, werdet ihr niemals zu Fall kommen« (2.Pt. 1,10). Es ist richtig, unser Leben zu prüfen und die Früchte zu bewerten, die wir tragen, »denn jeder Baum wird an seiner Frucht erkannt« (Lk. 6,44).
Die Bibel lehrt deutlich, dass der Beweis für das Wirken Gottes in einem Leben die unvermeidliche Frucht eines veränderten Verhaltens ist (1.Joh. 3,10). Ein Glaube, der nicht zu einem rechtschaffenen Leben führt, ist tot und kann nicht retten (Jak. 2,14-17). Bekennende Christen, denen die Frucht wahrer Gerechtigkeit völlig fehlt, werden keine biblische Grundlage für die Gewissheit der Errettung finden (1.Joh. 2,4).
Wirkliche Errettung ist nicht nur Rechtfertigung. Sie kann nicht von der Wiedergeburt, der Heiligung und der schlussendlichen Verherrlichung getrennt werden. Errettung ist das Werk Gottes, durch das wir »dem Ebenbild Seines Sohnes gleichgestaltet werden« (Röm. 8,29). Echte Heilsgewissheit entsteht, wenn man das verwandelnde Werk des Heiligen Geistes im eigenen Leben erkennt, und nicht dadurch, dass man sich an die Erinnerung an irgendeine Erfahrung klammert.
Retter und Herr
Viel Verwirrung über das Evangelium rührt heutzutage von der Tendenz her, dass man die Tatsache, dass Jesus souveräner Herr ist, von der Wahrheit trennt, dass Er ein barmherziger Erretter ist. Das sind keine Widersprüche, die gegeneinander ausgespielt werden sollten. Jesus ist sowohl Retter als auch Herr (Lk. 2,11), und kein wahrer Gläubiger würde das je bestreiten. »Retter« und »Herr« sind zwei getrennte Ämter; aber wir müssen aufpassen, dass wir sie nicht so voneinander trennen, dass wir Christus zerteilen (vgl. 1.Kor. 1,13).
Die zwei klarsten Aussagen in der ganzen Heiligen Schrift über den Weg der Errettung betonen beide die Herrschaft Jesu: »Glaube an den Herrn Jesus Christus, so wirst du gerettet werden, …!« (Apg. 16,31), und »Denn wenn du mit deinem Mund Jesus als den Herrn bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott Ihn aus den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet« (Röm. 10,9). Die Pfingstpredigt von Petrus schloss mit dieser Erklärung: »So soll nun das ganze Haus Israel mit Gewissheit erkennen, dass Gott Ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat, eben diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt!« (Apg. 2,36). Wer sich weigert, der Herrschaft Christi zuzustimmen, dem wird keine Verheißung der Rettung zuteil.
Wahrer Glaube ist kein Lippenbekenntnis. Unser Herr Selbst verurteilte diejenigen, die Ihn nur mit ihren Lippen verehren, aber nicht mit ihrem Leben (Mt. 15,7-9; Mk. 7,6). Er wird niemandes Retter, bevor diese Person Ihn nicht als Den annimmt, der Er ist – Herr über alle (Apg. 10,36). Seine Herrschaft zu verschmähen, während man behauptet, Ihm als Retter zu vertrauen, ist eine gelebte Lüge.
Aus Gnade durch den Glauben
Errettung geschieht allein aus Gnade durch den Glauben (Eph. 2,8). Das ist das Herz und die Seele der Evangeliumsbotschaft. Aber es hat keine Bedeutung, wenn wir mit einem falschen Verständnis von Gnade oder mit einer fehlerhaften Definition von Glauben beginnen.
Gottes Gnade ist keine statische Eigenschaft, die Ihn dazu veranlasst, verstockte, unbußfertige Sünder einfach so anzunehmen. Die Gnade verändert nicht die Stellung eines Menschen vor Gott und lässt dabei seinen Charakter unbehelligt. Echte Gnade ist keine Lizenz dafür, zu tun, was wir möchten. Gemäß der Schrift nimmt uns wirkliche Gnade »in Zucht, damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnen und besonnen und gerecht und gottesfürchtig leben in der jetzigen Weltzeit« (Tit. 2,12). Gnade ist die Kraft Gottes, unsere Pflichten des Neuen Bundes zu erfüllen, auch wenn wir manchmal noch so inkonsequent gehorchen. Natürlich erlaubt uns die Gnade nicht, gemäß dem Fleisch zu leben; sie gibt uns die Kraft, gemäß dem Geist zu leben.
Der Glaube ist, wie auch die Gnade, nicht etwas Statisches. Rettender Glaube ist untrennbar verbunden mit Buße, Hingabe und einer übernatürlichen Sehnsucht, zu gehorchen. Keine dieser Reaktionen kann ausschließlich als menschliches Werk eingestuft werden, genauso wenig wie der Glaube selbst ausschließlich eine menschliche Anstrengung ist.
Buße ist immer das Herzstück des echten, rettenden Glaubens. Buße beinhaltet das Erkennen der eigenen totalen Sündhaftigkeit und die Abkehr von sich selbst und der Sünde wie auch die Hinwendung zu Gott (vgl. 1.Thess. 1,9). Buße ist kein menschliches Werk; sie ist das unvermeidliche Ergebnis von Gottes Wirken im Herzen eines Menschen.
Das Ergebnis ist natürlich eine radikale Änderung der Richtung – eine echte, geistliche Bekehrung. Sowohl die Rebellion des trotzigen Sünders als auch die Gleichgültigkeit des sorglosen Sünders werden durch das Werk der Gnade Gottes überwunden (Tit. 2,11-12).
Die Gnade Gottes beseitigt die Prahlerei (Röm. 3,27) und die Selbstgerechtigkeit (Phil. 3,9), aber sie beseitigt nicht die Werke an sich, Sie schafft jene Werke ab, die allein das Ergebnis menschlicher Anstrengungen sind (Eph. 2,8). Sie hebt jeden Versuch auf, sich Gottes Gunst durch unsere Werke zu verdienen (V. 9). Aber sie hält uns nicht von Gottes vorherbestimmtem Vorsatz ab, dass unser Wandel von guten Werken geprägt sein soll. Werke sind die Frucht, nicht die Wurzel der Errettung eines Sünders.
Vor allem müssen wir uns daran erinnern, dass die Errettung ein souveränes Werk Gottes ist. In der Bibel wird sie durch das definiert, was sie bewirkt, nicht durch das, was man tun muss, um sie zu erlangen. »Denn wir sind Seine Schöpfung, erschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen« (Eph. 2,10). Als Teil Seines rettenden Werkes wird Gott Buße, Glaube, Heiligung, Hingabe, Gehorsam und schlussendlich Verherrlichung bewirken. Da Er beim Herbeiführen dieser Elemente nicht von menschlicher Anstrengung abhängig ist, kann eine Erfahrung, der es an einem derselben mangelt, nicht das rettende Werk Gottes sein.
Diejenigen, die wirklich aus Gott geboren sind, haben einen Glauben, der nicht darin versagen kann, die Welt zu überwinden (1.Joh. 5,4). Wir können sündigen (1.Joh. 2,1) – und wir werden sündigen –, aber der Prozess der Heiligung kann niemals vollständig zum Stillstand kommen. Gott wirkt in uns (Phil. 2,13), und Er wird uns weiter vollenden, bis zum Tag Christi (Phil. 1,6; 1.Thess. 5,23-24).
Ein Auszug aus dem Buch:
Jesus allein
In »Jesus allein« macht John MacArthur deutlich, dass das von Jesus verkündete Evangelium ein Aufruf zur Selbstverleugnung, zu radikalen Veränderungen und zum Dienst für Ihn ist. Schwierige Forderungen? Menschlich gesehen unmöglich! Doch diese Lebensweise ist erreichbar, wenn wir verstehen, dass echter Glaube ein Herz hervorbringt, das sich völlig der Herrschaft Christi unterwirft.
»Jesus allein« beleuchtet das Evangelium, das Jesus Selbst gepredigt hat.