Wenn wir allein aus Gnade, allein durch den Glauben, allein durch Jesus Christus gerettet wurden, dann sind wir zugleich mit anderen verbunden, die ebenfalls gerettet worden sind. Christen sind keine Einzelgänger, sie sind eine geistliche Familie. Sie sind nicht autonom, sie sind aufeinander angewiesen. Ein Christ lebt nicht für sich selbst, er lebt für Christus und Sein Volk. Das ist es, was zur Gemeinde Jesu zu gehören bedeutet. Die Gemeinde ist ein Leib – der Leib Christi, bei dem Er Selbst das Haupt ist. Und Er wollte, dass dieses Bild Seines Leibes in der Ortsgemeinde widergespiegelt wird. Deshalb bedeutet Christ zu sein auch, Glied einer bestimmten Ortsgemeinde zu sein.
Christen haben sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, was es bedeutet, zu einer Gemeinde zu gehören. Die Heilige Schrift macht uns jedoch zwei Dinge sehr deutlich: Erstens, dass die Zugehörigkeit zu einer Ortsgemeinde zu den Privilegien des Christseins gehört, und zweitens, dass es für einen Christen fast unmöglich ist, ohne eine Ortsgemeinde zurechtzukommen. Als Kinder Gottes sollten wir alle danach streben, einer Ortsgemeinde anzugehören. Sie ist kein Verein und kann auch nicht mit einem Verein verglichen werden. Sie ist ein Leib, ein Organismus.
Was ist das Wesen der Gemeinde?
Die Heilige Schrift lehrt uns, dass Jesus der Baumeister der Gemeinde ist. Er sagt: »Auf diesen Felsen will Ich Meine Gemeinde bauen, und die Pforten des Totenreiches sollen sie nicht überwältigen« (Mt. 16,18).
Der Herr Jesus verspricht hier, dass »die Pforten des Totenreiches« Seine Gemeinde nicht überwältigen werden. Manche Menschen verstehen das oft so, dass Satan die Gemeinde nie besiegen werde. Aber eine Pforte ist nur ein Schutz. Sie ist eine Befestigung gegen Angriffe. Und die Pforten des Totenreiches können nicht standhalten, wenn das Evangelium in die Offensive geht, um Menschen für Christus zu gewinnen und geistlich Tote zum Leben zu erwecken. Das Totenreich kann den Vormarsch des Evangeliums nicht aufhalten. Die Gemeinde wird den Widerstand des Totenreiches überwinden, und Jesus wird Seine Gemeinde bauen.
Das Wort »Gemeinde« ist die Übersetzung des griechischen Wortes »ekklesia«. Es bedeutet »die Herausgerufene« oder »die Versammlung des Herrn«. Dies ist das grundlegendste Bild der Gemeinde im Neuen Testament. Sie besteht aus denen, die durch das Wirken des Heiligen Geistes neues Leben erhalten haben und sich aufgrund des Glaubens an den Herrn Jesus Christus versammeln. Die Ortsgemeinde ist eine Ausdrucksform dieser »Versammlung des Herrn«. Sie ist von Ihm als ein Leib, als geistliche Familie zusammengefügt.
Die Ortsgemeinden können sich in einigen Aspekten unterscheiden. Aber jede wahre Gemeinde soll ein Abglanz des Himmels sein. Der Gottesdienst, das gepredigte Wort, die Gemeinschaft, die Lieder, der herzliche Umgang und der gottesfürchtige Lebenswandel der Gemeindeglieder – dies alles sollte bei jeder einzelnen Ortsgemeinde als wahre Gemeinde Jesu in einer Weise geprägt sein, dass sie sozusagen »der Himmel auf Erden« ist.
Was befähigt einen Menschen, Mitglied einer solchen Gemeinde zu sein? Im Prinzip dasselbe, was uns zum Eintritt in das Reich Gottes befähigt: der lebendige Glaube an Jesus Christus als unseren Retter und Herrn.
Lieber Freund, wenn du noch nicht an Jesus Christus als deinen Retter und Herrn glaubst und noch nicht für deine Sünden Buße getan hast, dann solltest du auf jeden Fall fleißig die Gemeinde besuchen. Du solltest dort die anderen genau beobachten, die schon Mitglieder sind, um aufgrund ihres Wesens und aus der Lehre, die du hörst, herausfinden zu können, was ein echter Christ ist. Aber du kannst der Gemeinde auf Erden nur angehören, wenn du wirklich an Jesus Christus als deinem Herrn glaubst. Und ob dieser Glaube wirklich echt ist, wird sich daran zeigen, dass du ein heiliges Leben zur Ehre des Herrn zu führen anstrebst. Wenn du in Jesus bist, wirst du viel Frucht bringen, und wenn du in Jesus bleibst und ausharrst, wird dein fruchtbares Leben ein Beweis dafür sein, dass du wirklich errettet bist (Joh. 15,4-5).
Warum ist die Gemeinde so wichtig?
Unsere Vorstellung und Erfahrung von Gemeinde mögen uns sehr prägen, aber es ist überaus wichtig, uns neu darauf zu besinnen, was die Heilige Schrift über die Gemeinde lehrt.
Als der Mensch in Sünde fiel, kündigte Gott an, dass Er einen Retter senden werde, um die Beziehung zwischen Gott und Mensch, die durch die Sünde zerbrochen war, wiederherzustellen. Im Laufe des Alten Testaments wurde immer mehr von diesem Retter angekündigt: wo Er geboren werden würde, wer Er sein würde, was Er tun würde und vieles mehr. Vor allem aber, dass Er durch Sein Leiden und Sterben viele gerecht machen und ihre Sünden tragen werde (Jes. 53,11).
Und als Jesus dann in diese Welt kam, sagte Er: »Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu berufen, sondern Sünder zur Buße« (Mk. 2,17). Er kam, um Sünder zu retten und sie zu Seinem Volk zu machen. Er kam, um Seine Gemeinde zu bauen.
Jesus kündigte Petrus an: »Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will Ich Meine Gemeinde bauen, und die Pforten des Totenreiches sollen sie nicht überwältigen« (Mt. 16,18). Christus hatte mit Seinen Jüngern begonnen, Seine Gemeinde zu bauen; und dann entstand am Pfingstfest in Jerusalem die sichtbare Gemeinde (Apg. 2). So wie Er Seine Gemeinde zu bauen begann, indem Er Sünder aus Gnade errettete, so setzt Er dieses Werk fort und wird es eines Tages vollenden, nämlich dann, wenn Er wiederkommt.
Was die Gemeinde für Jesus bedeutet, zeigte der Apostel Paulus mit der erstaunlichen Aussage, dass Gott Seinem Sohn alles unter die Füße gelegt und Ihn als Haupt über die Gemeinde eingesetzt hat (Eph. 1,22). Später beschreibt er die Beziehung zwischen dem Herrn Jesus und Seiner Gemeinde: »… gleichwie auch der Christus die Gemeinde geliebt hat und sich Selbst für sie hingegeben hat« (Eph. 5,25).
Die Gemeinde ist der Gegenstand der Liebe Christi, die Leidenschaft Seines Herzens, Seine Braut. Diese Liebe reicht so weit, dass Er Selbst auf die Erde kam und Sein Leben dahingab, um sie zu erlösen. Erkennst du nun, wie bedeutsam sie für Ihn ist? Er opfert für sie alles, Er regiert das ganze Weltgeschehen zum Wohl Seiner Gemeinde! Sie ist für Ihn so wichtig, so zentral bezüglich Seiner Absichten! In einem wunderschönen Lied heißt es:
Fest stehet die Gemeinde,
gebaut auf Jesus Christ,
die Seine neue Schöpfung
durch Wort und Wasser ist;
Er kam herab zur Erde,
erwarb sie sich als Braut,
hat sich mit Seinem Leben
ihr ewig angetraut.
Erwählt aus allen Völkern,
doch als ein Volk gezählt;
ein Herr und auch ein Glaube,
ein Geist, der sie beseelt.
Sie ehrt den Namen Jesu
und teilt des Herren Mahl,
mit einer Hoffnung lebt sie
kraft Seiner Gnadenwahl.1
Sollten wir dann die Gemeinde nicht lieben und nicht bereit sein, für sie zu leben, da Er uns erlöst hat? »Wir lieben Ihn, weil Er uns zuerst geliebt hat. Wenn jemand sagt: ›Ich liebe Gott‹, und hasst doch seinen Bruder, so ist er ein Lügner; denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann der Gott lieben, den er nicht sieht?« (1.Joh. 4,19-20).
Die Gemeinde sollte neben Christus zum Mittelpunkt meines Lebens werden. Es ist einfach nicht möglich, ein gottesfürchtiges Leben zu führen, wenn mein Leben nicht auch gemeindezentriert ist.
Alles, was für den Herrn Jesus Christus von zentraler Bedeutung ist, muss auch für mich zentral sein, nicht wahr? Wenn du also über deine eigenen Grundwerte nachdenkst, lohnt es sich, dich zu prüfen und dich zu fragen:
Ist die Gemeinde für mich wirklich wichtig, so wie sie es für Jesus und für die ersten Christen war?
Warum soll die Gemeinde eine Vorrangstellung haben?
Jeder hat seine Vorlieben. Wir alle mögen bestimmte Speisen und Getränke, Bücher und Musik, Autos und Urlaubsorte, nicht wahr? Für das, was wir am meisten lieben, investieren wir am meisten Zeit und Geld. Die einen wollen ein besonderes Auto besitzen, die anderen ihr Traumhaus. Oder man strebt eine besondere Ausbildung an, ein Studium oder den Job, den man schon immer machen wollte. All diese Dinge sind nicht schlecht – aber sind sie das Wichtigste für uns als Christen, in das wir viel Zeit und Geld investieren sollten?
Oft vergessen wir unsere Gemeinde, oder aber sie gehört nicht zu unseren obersten Prioritäten. Doch als Christen müssen wir uns fragen: Wie können wir unser Leben so gestalten und unsere Verantwortung in der Familie, am Arbeitsplatz und in der Gemeinde so ergreifen, dass wir keine falschen Prioritäten setzen und alles in einem gut geordneten Christenleben miteinander verbinden?
Jesus lehrt: »Wer Vater oder Mutter mehr liebt als Mich, der ist Meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als Mich, der ist Meiner nicht wert« (Mt. 10,37).
Mit dieser Aussage stellt der Herr Jesus unsere Vorstellungen vom Familien- und Gemeindeleben völlig auf den Kopf. Er zeigt uns, dass Er Selbst die höchste Priorität hat, dass Er für uns an erster Stelle stehen sollte, dass nichts und niemand sonst diesen Platz einnehmen darf. Und wenn Er an erster Stelle steht, dann hat Seine Gemeinde eine gewisse Priorität vor meiner eigenen Familie. Jesus geht natürlich davon aus, dass gläubige Eltern und Kinder einander lieben. Ihm ist die Liebe in der Familie sehr wichtig. Er wertet das Familienleben nicht ab, im Gegenteil! Er hat ja die Familie erschaffen und möchte, dass sie Teil des Gemeindelebens ist. Aber Er zeigt uns hier, dass die Liebe zur Familie Ihn niemals in den Hintergrund drängen darf. Ein Christ muss Ihn über alles lieben, mehr als Vater oder Mutter, Sohn oder Tochter, Mann oder Frau. Wenn wir uns entscheiden müssen, ob wir Jesus und Seiner Gemeinde oder unserer Familie gefallen wollen, dann sagt uns Jesus, dass wir Ihn mehr lieben sollen als Vater oder Mutter. Niemand darf einen höheren Anspruch an uns erheben als Christus und Seine Gemeinde.
Als der Apostel Paulus den Korinthern Ratschläge für Verheiratete und Unverheiratete gab, machte er eine wichtige Aussage: Wir sollen »diese Welt gebrauchen, als gebrauchten [wir] sie gar nicht; denn die Gestalt dieser Welt vergeht« (1.Kor. 7,31). Die Form dieser Welt wird vergehen. Alles wird sich verändern, auch die Ehe: »Denn in der Auferstehung heiraten sie nicht, noch werden sie verheiratet, sondern sie sind wie die Engel Gottes im Himmel« (Mt. 22,30). Warum wird es keine Ehen mehr geben? Nicht, weil es keine so innigen Beziehungen mehr geben wird. Im Gegenteil, die Beziehungen werden enger sein als je zuvor. Warum ist das so? Weil die Sünde die Beziehungen kalt und distanziert gemacht hatte.
So wunderbar auch die Idee Gottes für die Ehe ist, so groß auch die Freude und der Segen des natürlichen Familienlebens ist, so sind doch die familiären Strukturen nie für die Ewigkeit bestimmt gewesen. Wir werten die Familie nicht ab, denn Gott hat sie eingesetzt. Er hat die Familie sogar zu einem Gnadenmittel zum Heil gemacht, wenn die Eltern ihre Kinder in der Zucht und Ermahnung des Herrn erziehen (Eph. 6,4). Er erwartet von den Eltern, dass sie ihre Kinder dazu anleiten, »den Weg des Herrn zu bewahren« (1.Mo. 18,19). Aber Gottes eigentliches Ziel für uns Menschen ist die Familie Gottes in Seinem ewigen Reich, und eines Tages werden unsere familiären Beziehungen enden. Deshalb sollten wir uns schon hier und jetzt mit unserer Familie ganz auf das Gemeindeleben ausrichten. Wir sollten das große Ziel Gottes vor Augen haben.
Wir müssen unsere Familien lieben; aber Jesus müssen wir viel mehr lieben. Der Herr Jesus Selbst hat nach diesem Prinzip gelebt. Als Er in einem Haus lehrte und Ihm gesagt wurde, dass Seine Familie draußen stehe und mit Ihm reden wolle, unterbrach Er Seinen Dienst nicht, um zu ihnen zu gehen. Stattdessen antwortete Er mit einer Frage: »Wer ist Meine Mutter, und wer sind Meine Brüder? Und Er streckte Seine Hand aus über Seine Jünger und sprach: Seht da, Meine Mutter und Meine Brüder! Denn wer den Willen Meines Vaters im Himmel tut, der ist Mir Bruder und Schwester und Mutter!« (Mt. 12,48-50).
Erstens sagt Jesus hiermit, dass Seine leibliche Familie warten kann. Er wird die Familie Gottes nicht vernachlässigen, um Seiner leiblichen Familie zu gefallen. Er schaut auf Seine geistliche Familie und sagt, dass Seine leibliche Familie ihren Platz neben – und nicht über – ihr einnehmen könne.
Zweitens sagt Er hiermit, dass Sein Herz für Seine geistliche Familie jederzeit offen steht – für jeden, der den Willen des Vaters tut, denn er gehört zu Seiner geistlichen Familie. Der Herr Jesus sagt nicht: »Wer den Willen des Vaters tut, kann in Meine Familie eintreten«. Wir werden nicht durch unseren Gehorsam zu Brüdern und Schwestern unseres Herrn. Vielmehr identifizieren wir uns durch unseren Gehorsam als Seine Brüder und Schwestern.
Das Evangelium lehrt also deutlich, wie wichtig die Gemeinde ist und welchen Stellenwert sie für uns Christen haben soll. Diese biblische Perspektive mag für viele Christen heute neu sein. Vielleicht ist sie auch für uns radikaler, als wir erwartet haben. Dennoch solltest du dich fragen:
Hat die Gemeinde bei mir wirklich den Vorrang?
Ist die Gemeinde mir wichtiger als die eigene Familie?
Möglicherweise sagst du jetzt: »So krass habe ich mir die Nachfolge Jesu nicht vorgestellt.«
Wenn du jedoch diese Wahrheit ablehnst, dann verwirfst du einen sehr wichtigen Schwerpunkt in der Lehre Jesu. Solange du irgendeiner Sache den absoluten Vorrang vor Christus und Seiner Gemeinde gibst, kannst du dich niemals in dem Rahmen an ihr erfreuen, den der Herr dafür vorgesehen hat. Du willst mehr für deine Familie da sein und vernachlässigst deine Gemeinde; aber gerade dadurch verlierst du den Segen, den du und deine Familie durch die Gemeinde erfahren könnten. Wenn du also in deinem Leben biblische Prioritäten setzt, indem du deine eigenen Ansprüche mit denen von Jesus in Einklang bringst, wirst du in deinem Familienleben Segnungen entdecken, von denen du kaum wusstest, dass es sie gibt.
Warum brauchst du eine Gemeinde?
Manche Eltern vernachlässigen ständig die Gottesdienste in der Gemeinde, weil sie sagen: »Wir wollen mehr Zeit mit der Familie verbringen.« Es ist ja sehr gut, sich intensiv seiner Familie zu widmen! Aber ist es der eigentliche Grund ihres Fernbleibens vom Gottesdienst? Geht es ihnen dabei nicht viel mehr darum, Geld und Zeit zu sparen, die sie sonst für Gemeindeveranstaltungen aufwenden müssten? Leider sind sie im Irrtum. Sie verlieren niemals etwas, wenn sie ihre Zeit und ihr Geld gemeinsam mit der Familie für die Gemeinde und das Reich Gottes einsetzen. Sie werden stattdessen große Segnungen genießen, besonders dann, wenn sie erleben werden, dass ihre Kinder sich den himmlischen, ewigen Dingen hingeben anstatt den irdischen. Der Segen wird unermesslich sein; eine solche Gewohnheit wird nie zum Verlust führen!
Ein wichtiger Grund, warum wir die Gemeinde an die erste Stelle setzen sollten, ist, dass unsere Familie die Gemeinde für ihr eigenes geistliches Wachstum und zum Schutz vor einer familienfeindlichen Gesellschaft braucht. Keine einzelne Familie trägt in sich selbst alles, was sie braucht, um wirklich eine gottesfürchtige Familie zu werden. Wir brauchen die Unterstützung, das Gebet, biblische Belehrung, die Freundschaft mit Gläubigen, das Vorbild gottesfürchtiger Menschen, den klugen, geistlichen Rat und vieles andere von der Gemeinde. Gläubige Eltern schaffen es nicht allein, ihre Kinder in der Furcht Gottes zu erziehen; ihre Möglichkeiten reichen einfach nicht dazu aus.
Als ich kürzlich mit meiner Familie meine alte Gemeinde besuchte, wo ich teilweise selbst aufgewachsen bin, kamen einige Geschwister auf mich zu und drückten ihre Freude darüber aus, unsere Kinder wiederzusehen. Zwei Geschwister sagten: »Dieser dein Sohn bzw. diese deine Tochter war in meiner Kindergruppe. Ich freue mich, dass sie jetzt dem Herrn nachfolgen. Wir haben für sie gebetet, als sie noch klein waren.«
Wenn unsere Gemeinde zu unserer Familie wird, dann wird unsere Familie selbst aufblühen. Und auch unsere Gemeinde wird immer mehr zu einer lebendigen Familie werden. Wir sind nicht nur Gottesdienst-Besucher, sondern sind miteinander eine große Familie! Und unsere Kinder gehören dazu, auch wenn sie noch klein sind.
Du solltest dich nicht fragen: »Wie kann ich das Gemeindeleben in meine Pläne integrieren?«, sondern vielmehr: »Wie kann mein Familienleben in das Gemeindeleben integriert werden?« Lieber Freund, das alles wird dir klarer, wenn du das grundlegende Prinzip verstanden hast: Die Gemeinde stellt das Reich unseres Herrn hier auf Erden dar.
Wenn wir als Christen das nur mehr erkennen würden, dann würde es unsere Einstellung zur Gemeinde grundlegend verändern. In der Tat würde es viele Gemeinden verändern! Viele würden nicht nur persönlich den Segen Gottes erfahren, sondern auch ihr Familienleben würde unter einem großen Segen gedeihen.
Wie in einer natürlichen Familie gibt es auch in der Familie Gottes oftmals verblüffende Ähnlichkeiten – das gilt für die universale Gemeinde Jesu zu allen Zeiten und an allen Orten, und in noch speziellerer Hinsicht für die einzelnen Ortsgemeinden. Ich habe bei meinen Missionsreisen durch verschiedene Länder immer wieder erfahren, wie dieselben geistlichen Familienmerkmale bei Gläubigen zum Ausdruck kommen, die sich vorher noch nie begegnet waren und die einen so unterschiedlichen Hintergrund haben – sie sind Brüder und Schwestern, die zu der einen Familie des Herrn Jesus Christus gehören. Das ist die Gemeinde.
Auf der anderen Seite sehe ich in der Ortsgemeinde, zu der ich gehören darf – und das gleiche Phänomen ist mir auch in anderen Ortsgemeinden aufgefallen – eine gewisse Prägung, die dem Einzelnen vielleicht nicht bewusst ist, die aber seine Zugehörigkeit verrät. Wir kommen mehrmals in der Woche zusammen, beten den Herrn gemeinsam an, hören die gleiche Predigt, feiern gemeinsam das Mahl des Herrn, beten und reden miteinander und – wir werden voneinander geprägt. Obwohl wir so unterschiedlich sind, dass wir uns niemals gefunden hätten, wenn die Gnade Gottes uns nicht miteinander vereint hätte, gehören wir doch zusammen und sind einander in gewisser Hinsicht so ähnlich, dass ein aufmerksamer Beobachter uns sofort als Glieder einer Gemeindefamilie erkennen würde. Und ebenso, wie es in unserer natürlichen Familie der Fall ist bzw. sein sollte, sollten wir auch in unserer Ortsgemeinde das Empfinden haben, dass es keine andere Gemeinde gibt, der wir lieber angehören würden – auch wenn unsere Gemeinde alles andere als perfekt ist.
Kannst du von deiner Gemeinde sagen: »Ich gehöre dazu. Das ist meine Familie. Es gibt keine Gemeinde, der ich lieber angehören würde«?
Wenn du das nicht sagen kannst, möchte ich dich fragen: Wie viel hast du schon in deine Gemeinde investiert? Wie hast du ihr gedient? Glied einer Ortsgemeinde zu sein bedeutet auch, dass ich mich in sie investiere. Wir sind ein Leib, und jedes Glied an diesem Leib hat seinen Platz und wird gebraucht. Wir brauchen einander! So wie du die Gemeinde brauchst, so braucht die Gemeinde dich.
Nimm dir eine Konkordanz zur Hand, erforsche mit deren Hilfe das Wort »einander« im Wort Gottes in seinen jeweiligen Kontexten und prüfe dich selbst, ob du dieses »Einander«, bezogen auf die Geschwister in deiner Gemeinde, praktisch auslebst. Gott fordert uns in Seinem Wort auf, einander anzunehmen (Röm. 15,7), einander zu lieben (Joh. 13,34-35; 1.Joh. 4,7), füreinander zu beten (Jak. 5,16), einander zu dienen (Joh. 13,14; Eph. 4,16; 1.Pt. 4,10), einander zu ermahnen (Röm. 15,14; Hebr. 3,13) und zu erbauen (1.Thess. 5,11), untereinander gastfreundlich zu sein (1.Pt. 4,9), einander mit aller Demut, Sanftmut und Langmut in Liebe zu ertragen (Eph. 4,2), zueinander freundlich und barmherzig zu sein und einander zu vergeben (Eph. 4,32), uns einander in der Furcht Gottes unterzuordnen (Eph. 5,21), einander zu lehren (Kol. 3,16), einer dem anderen in Ehrerbietung zuvorzukommen (Röm. 12,10), und dass einer des anderen Last tragen soll (Gal. 6,2). Wir sind keine passiven Besucher oder nur Beobachter, sondern Teil dieser Familie. Wir geben uns der Gemeinde hin; wir dienen mit, wir freuen uns mit und trauern mit – alle zusammen, denn wir sind ein Leib!
Warum ist das so wichtig? Weil eines der Ziele, die Gott in uns und für uns in einer Ortsgemeinde verfolgt, darin besteht, durch diesen besonderen Zweig Seiner geistlichen Familie in unserem Leben zu wirken und uns in das Bild Seines Sohnes umzugestalten. Er möchte, dass wir dort göttliche Prinzipien lernen und geistlich wachsen. Durch die wunderbaren Familienmitglieder, die uns umgeben, durch die Wirkung der bibeltreuen Predigten, die wir hören, und durch die geistliche Gemeinschaft, die wir miteinander pflegen, entsteht etwas Einzigartiges, das nur die wahre Gemeinde Jesu aufweist. Zu einer lebendigen Gemeinde zu gehören, ist ein großes Vorrecht und hat einen tiefen Einfluss auf unser ganzes Leben.
1 Text: Samuel John Stone (1839–1900)
Deutsch: Anna Thekla von Weling (1837–1900), Voice of Hope 2023