Fels des Heils

14 Dezember, 2023

Kategorie: Lieder

Thema: Errettung

Fels des Heils

Originaltitel: Rock of Ages

Text: Augustus Toplady (1740–1778)
Deutsch: Ernst H. Gebhardt (1832–1899), Elli Ertner
Melodie: Thomas Hastings (1784–1872)

Fels des Heils, geöffnet mir,
birg mich sicher, Herr, in Dir!
Lass in Deiner Gnad das Blut,
das den Deinen floss zugut,
meiner Seele Heilung sein
von der Sündenschuld und -pein.

Dem, was Dein Gesetze spricht,
kann mein Werk genügen nicht.
Mag ich ringen, wie ich will,
fließen Tränen auch sehr viel,
tilgt das nicht die Sünden mein;
Du kannst retten, Du allein!

Da ich Dir nichts bringen kann,
fliehe ich zum Kreuze dann:
arm und bloß, bedecke mich;
hilflos, ach, erbarme Dich!
Unrein, Herr, flieh ich zu Dir,
wasche mich, schenk Frieden mir!

Wenn der letzte Morgen tagt,
meine Lebenskraft versagt,
wenn durchs Todestal ich geh,
wenn ich vor dem Richter steh –
Fels des Heils, geöffnet mir,
birg mich sicher, Herr, in Dir!


Viele Lieder sind untrennbar mit den Umständen ihrer Entstehungsgeschichte verbunden. »Fels des Heils« ist eines davon. Die Geschichte, mit der das Lied in Verbindung gebracht wird, ist zwar nicht historisch belegt, aber sie gehört zu den Erzählungen, die das Gedicht umgibt. Der Erzählung nach war der Autor, damals ein junger Christ, auf einer Straße in der Nähe seines Dorfes unterwegs, als ein Unwetter aufzog. Er ist in eine Senke oder Höhle in den Klippen eines felsigen Hügels abgestürzt. Im Schutz dieser Felsenhöhle soll dieses Lied entstanden sein.

Die literarische Grundlage, auf der Augustus Toplady dieses Lied aufgebaut hat, ist der archetypische Fels. Wir stellen uns unwillkürlich einen Felsenhügel mit einem vertikalen Spalt oder einer Kluft vor, die nach hinten hin eine Höhle bildet. Der Fels ist ein herausragender biblischer Archetyp und eine Metapher für Gott, die Seine Unveränderlichkeit, Beständigkeit und Majestät veranschaulicht. Darüber hinaus kann eine Felsenhöhle Schutz vor Hitze oder Sturm bieten. Es lassen sich zahlreiche biblische Hinweise auf Gott als Felsen und auf die durch einen Felsen gewährte Rettung finden; aber für die Zwecke dieses Gedichts ist ein besonders wichtiger Hinweis der von Gott geöffnete Felsen, aus dem das Wasser für das dürstende Volk Israel in der Wüste floss (2.Mo. 17,1-6).

Das Gedicht holt aus der Bildsprache des »geöffneten« Felsens ein Maximum an Aussagekraft heraus. Der Sprecher hält sich an den Wänden des sich im geöffneten Felsens fest. Dieser Felsen schützt ihn (Strophe 1 und 4); zu dem am Kreuz geöffneten »Felsen« Jesus Christus kann der Sünder fliehen und wird durch Sein Blut gereinigt (Strophe 3).

Wenn wir die Bildmuster näher unter die Lupe nehmen, beginnen wir ihre Bedeutung und ihre Anspielung auf biblische Ereignisse zu erkennen. So werden wir an das Blut erinnert, das Jesus vergoss, als Er am Kreuz gestorben war und die Bitte an den Herrn um Reinigung: »Wasche mich, erlös mich hier!«. Außerdem sollten wir auf die Bilder achten, mit denen der Autor seine geistlichen Erfahrungen darstellt: Fels des Heils, birg mich sicher, mein Werk, fließende Tränen, Armut und Blöße, Bedeckung, Todestal, vor dem Richter stehen.

Wenn wir uns von dieser komplexen poetischen Textstruktur dem groben Aufbau des Gedichts zuwenden, finden wir Folgendes: Die Zeilenpaare am Anfang und am Ende sind identisch und dienen dem Gedicht quasi als »Buchstützen«.

Nach der zweizeiligen Einleitung ist der Rest der Anfangsstrophe ein Gebet um Reinigung von der Sünde auf der Grundlage des Sühnetodes Jesu am Kreuz.

Die zweite Strophe erklärt, warum das Sühnewerk Christi notwendig ist – wegen der Unfähigkeit des Menschen, durch seine eigenen Werke das Heil zu erlangen.

Die dritte Strophe richtet den Fokus von unserer Unfähigkeit, das Gesetz zu erfüllen, auf die verdorbene Natur des Sünders und betont, wie »hilflos« und »unrein« er ist.

Die letzte Strophe nimmt eine eschatologische Wende, indem sie unseren Blick auf den Tod und schließlich auf das Jüngste Gericht lenkt.

Wie die meisten geistlichen Lieder ist auch dieses so einfach und klar, dass jede gläubige Seele es verstehen und darin Belehrung und Trost finden kann (Kol. 3,16). Und doch besitzt es einen verborgenen poetischen Reichtum, der zum Vorschein kommt, wenn wir aufmerksam darüber nachsinnen.

Das Anfangs- und Schlussbild eines vielsagenden »Felsen des Heils« übt im ganzen Lied eine beherrschende Präsenz aus, auch wenn es nur am Anfang und am Ende explizit erwähnt wird. Auch Psalm 18,3 zeugt von der Kraft des Bildes von Gott als einem Felsen:

»Der HERR ist mein Fels, meine Burg und mein Retter; mein Gott ist mein Fels, in dem ich mich berge, mein Schild und das Horn meines Heils, meine sichere Festung.«

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Fels des Heils

von Lucas Derksen Lesezeit: 3 min