O Gnade, die mir zugewandt

21 September, 2023

Kategorie: Lieder

Thema: Gnade

O Gnade, die mir zugewandt

Originaltitel: Amazing Grace

Text: John Newton (1725–1807)
Deutsch: Elli Ertner

O Gnade, die mir zugewandt
und einst erlöste mich!
Ich war verlor’n, bis Gott mich fand;
war blind, jetzt sehe ich.

Die Gnade lehrte Furcht mein Herz
und nahm mir Angst und Not.
Sie heilte meinen Sündenschmerz,
versöhnte mich mit Gott.

Gott gab uns Sein Verheißungswort,
es meine Hoffnung nährt;
Er ist mein Schutz und Zufluchtsort,
solang mein Leben währt.

Viel Mühe, Nöte, List, Gefahr
gibt’s hier tagein, tagaus.
Die Gnade hat mich stets bewahrt,
führt sicher mich nach Haus.

Und selbst nach tausend Jahren dort
in Gottes Herrlichkeit,
preist die Gemeinde ihren Gott
wie in der ersten Zeit.


Dies ist wohl das bekannteste Lied der Welt, das in vielen Ländern und in vielen Sprachen gesungen wird. Ein Biograf behauptet sogar, dass das Lied jährlich zehn Millionen Mal öffentlich gesungen werde. Hinter dem Lied steht die Biografie eines Mannes, der erkannte, dass er ein großer Sünder war.

John Newton war ein gottloser Seemann und Sklavenhändler gewesen. Er bekehrte sich während eines Sturms auf dem Meer, der sein Leben bedrohte. Diese Lebensgeschichte von großer Sündhaftigkeit, die der überreichen Gnade zur Errettung bedurfte, ist die autobiografische Grundlage, auf der das Lied aufgebaut ist. Aber die Tatsache, dass sich so viele Menschen damit identifizieren können, bestätigt, dass es die Geschichte jedes wahren Gläubigen ist, nicht nur die von Newton.

Bildlich gesehen zeigt dieses Lied einen starken Kontrast zwischen zwei Welten, die hier aufeinanderprallen. Die eine ist die Welt der Sünde und des Gefallenseins – nicht nur geistlich im persönlichen Leben eines Sünders, sondern in der gesamten Welt. Worte wie ich war verlor’n, war blind, Mühe, Nöte, List und Gefahr beschreiben ihren Verfall und ihr Elend.

Gegenüber dieser sündigen Welt voller Mühen und Sorgen steht die vollkommene Welt, in der Sicherheit und ewige Freude wohnt, die mit Ausdrücken wie Gnade, erlöst, Gott fand mich, jetzt sehe ich, Schutz und Zufluchtsort, Herrlichkeit beschrieben wird. Das Lied spricht also davon, dass wir jetzt noch in der gefallenen irdischen Ordnung leben; es hält uns aber die großartigen Verheißungen der Schrift vor Augen. Es ist ein Lied der Hoffnung, des Trostes und der Zuversicht vor dem schwarzen Hintergrund des Elends, der die Glückseligkeit hell hervorstrahlen lässt.

Wenn wir uns von dieser Sicht auf das Lied als Ganzes nun abwenden und seine Bestandteile genauer betrachten, stellen wir fest, dass jede Strophe ihr eigenes Thema hat und dass die einzelnen Strophen uns in ihrem Verlauf vom Moment der Bekehrung bis zur ewigen Herrlichkeit führen. Das Lied deckt die Gesamtheit des geistlichen Lebens ab. Die aufeinanderfolgenden Themen sind: die Errettung durch Gottes Gnade und die Freude über diesen neuen Zustand; eine Schilderung der persönlichen Bekehrung zum Heil, mit einem Rückblick auf die Überführung von der Sünde, die zum rettenden Glauben leitete; das Vertrauen auf Gottes Schutz während des Erdenlebens; ein Blick zurück auf die Schwierigkeiten des Lebens und nach vorn auf die völlige Befreiung davon; ein Bezeugen der Hoffnung auf ewige Freude und Frieden, und die Anbetung wegen der unvergänglichen Natur des Lebens in Gottes ewiger Herrlichkeit. Wir können klar eine Anordnung erkennen, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft abdeckt.

Gibt es eine poetische Erklärung für die Tatsache, dass dies zu einem wichtigen Lied der Christenheit geworden ist? Nein, es lässt sich nicht abschließend erklären. Wir können jedoch sagen, dass das Lied das verspricht, wonach wir uns im tiefsten Innern sehnen: Gnade, Rettung, Gewissheit, Heimkehr, die Ewigkeit in Gottes herrlicher Gegenwart.

Obwohl dieses Lied den Schwerpunkt nicht ausschließlich auf die Gnade legt, die in der bekannten Anfangsstrophe benannt wird, ist diese erste Zeile so fesselnd, dass wir das ganze Lied als eine Anbetung der Gnade Gottes in unserem Leben auffassen können. Titus 2,11-13 ist eine gute Parallelstelle, die sich wie das Lied von der Vergangenheit in die Zukunft erstreckt:

»Denn die Gnade Gottes ist erschienen, die heilbringend ist für alle Menschen; sie nimmt uns in Zucht, damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnen und besonnen und gerecht und gottesfürchtig leben in der jetzigen Weltzeit, indem wir die glückselige Hoffnung erwarten und die Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Retters Jesus Christus.«

 

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O Gnade, die mir zugewandt

von Verena Penner Lesezeit: 3 min