» … und eifrig bemüht seid, die Einheit des
Geistes zu bewahren durch das Band des Friedens.«
Gemeinschaft oder Lehre – was hat Vorrang?
Viele Christen sind der Auffassung, dass wir an dieser Stelle ermahnt würden, unter Zurückstellung unserer persönlichen Lehrauffassungen zunächst Gemeinschaft untereinander zu pflegen, um in der weiteren Folge auch zur Einheit in speziellen Glaubensfragen zu kommen.
Vor einigen Jahren drückte ein bekannter Evangelist seine Haltung jedoch so aus: »Ich habe stets den Grundsatz vertreten«, sagte er, »nur dann mit anderen Christen Gemeinschaft zu pflegen, wenn ich auch lehrmäßig mit ihnen übereinstimmte.« Doch später änderte sich seine Ansicht, und er war nun auch zur Gemeinschaft mit solchen bereit, die theologisch nicht mit ihm übereinstimmten und in ihren Lehraussagen unter Umständen sogar eine liberale Auffassung vertraten. Durch die Pflege der Gemeinschaft hoffte er, schließlich auch zu einer lehrmäßigen Einheit zu kommen. Das bedeutete eine vollständige Abkehr von seiner früheren Haltung.
In Epheser 4 bespricht der Apostel Paulus die ernste Frage über die Einheit der Gemeinde Jesu. Der Schlüssel zum Verständnis des gesamten Briefes findet sich in den Versen 9 und 10 des ersten Kapitels: »Er hat uns das Geheimnis Seines Willens bekannt gemacht, entsprechend dem [Ratschluss], den Er nach Seinem Wohlgefallen gefasst hat in Ihm, zur Ausführung in der Fülle der Zeiten: alles unter einem Haupt zusammenzufassen in dem Christus, sowohl was im Himmel als auch was auf Erden ist.« Im Folgenden zeigt Paulus, auf welche Weise Gott das bewirkt hat, natürlich indem Er Juden und Heiden zu einem Leib, der die Gemeinde ist, zusammenfügte. Und im vierten Kapitel kommt er dann ausführlich auf sein Thema zu sprechen.
Ausschlaggebend für meine Auslegung ist das Wort »so« im ersten Vers, und dies weist uns zurück auf die ersten drei Kapitel dieses Briefes und besagt, dass sich die Einheit aus dem zuvor Gesagten ergibt. Was wir verstehen müssen, ist, dass der Wandel des Christen immer von seinem Verständnis der Wahrheit abhängt; der Wandel ist eigentlich angewandte Lehre. Und genau das erwartet der Apostel hier. »So ermahne ich euch nun, ich, der Gebundene im Herrn, dass ihr der Berufung würdig wandelt, zu der ihr berufen worden seid« (Eph. 4,1). In seiner Ermahnung ruft er die Gläubigen zum Ausleben dessen auf, was er in den ersten drei Kapiteln gelehrt hat. Erst nachdem sie über die Grundlagen der Einheit belehrt worden sind, erfolgt die Aufforderung, diese Einheit zu bewahren.
Würdig der Berufung wandeln
In seiner einleitenden Ermahnung sagt der Apostel unmissverständlich, dass wir würdig wandeln sollen der Berufung, zu welcher wir berufen worden sind. Das Wort »würdig« hat eine doppelte Bedeutung. Einmal heißt es: gleiches Gewicht, Gleichgewicht. Er sagt gewissermaßen: Nachdem ihr die Lehre gehört habt, müsst ihr nun euren Wandel damit in Übereinstimmung, ins Gleichgewicht bringen.
Außerdem hat das Wort »würdig« die Bedeutung: sich schicken oder zu etwas passen. In Philipper 1,27 lesen wir: »Nur führt euer Leben würdig des Evangeliums von Christus.« »Ich habe euch unterwiesen«, will Paulus sagen, »und nun achtet darauf, dass euer Wandel nicht im Widerspruch dazu steht, sondern dazu passt, damit harmoniert und ihr so die Herrlichkeit und Vollkommenheit des Evangeliums immer deutlicher darstellt.« Und zu Titus schreibt er, dass die Christen auf Kreta »der Lehre Gottes, unseres Retters, in jeder Hinsicht Ehre machen« sollen (Tit. 2,10).
Unser praktischer Wandel hat eine große Bedeutung, und wir dürfen ihn niemals von der Lehre trennen. Von der Einheit zu reden, ohne die Lehre vor Augen zu haben, ist das Gleiche, als ob man von den Kleidern einer Frau spräche, ohne sie in Verbindung mit ihr selbst zu sehen. Zweck der Kleidung ist es, ihre Trägerin zu zieren. Und eben das gilt in Bezug auf Wandel und Lehre; eines soll dem anderen zur Zierde dienen. Diese grundsätzlichen Feststellungen sind für das rechte Verständnis der christlichen Einheit unentbehrlich.
Um es noch deutlicher zu machen, ermahnt der Apostel: »… dass ihr der Berufung würdig wandelt, zu der ihr berufen worden seid«. Warum die Wiederholung des Wortes Berufung? Paulus bezieht sich damit auf den großen Heilsplan Gottes, den er zuvor bereits in groben Zügen dargestellt hat. Um das zu verstehen, müssen wir die vorhergehenden Kapitel des Briefes gut kennen.
Die Einheit derer, die in Christus sind
Wen ruft Paulus zur Einheit auf? Sein Aufruf gilt denen, die die wahre Einheit kennengelernt haben. Wir lesen es in Epheser 4,2-3: »… indem ihr mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut einander in Liebe ertragt und eifrig bemüht seid, die Einheit des Geistes zu bewahren durch das Band des Friedens.« Wofür sollen wir Fleiß aufwenden? Nicht, um die Einheit zu schaffen oder zu erstreben, sondern, um die Einheit zu bewahren – eine Einheit, die bereits besteht. Es ist die Einheit all jener, die der Verkündigung der ersten drei Kapitel glauben. Deshalb gehören sie zu dem Leib Christi und sind eins mit allen anderen, die an das gleiche Evangelium glauben. An sie richtet sich die Ermahnung, diese Einheit festzuhalten und zu bewahren.
Das ist das Fundament, von dem aus sich das Neue Testament mit der Einheit beschäftigt. Sie ist eine natürliche Folge bei denen, die durch den Heiligen Geist aus dem geistlichen Tod erweckt wurden und neues Leben in Christus Jesus empfingen. Und sie sollen mit Fleiß darauf achten, dass die Einheit durch nichts unterbrochen und zerstört wird. Die Betonung liegt völlig auf dem Wort bewahren.
Und um keine Zweifel aufkommen zu lassen, wiederholt der Apostel: Es ist eine Einheit des Geistes, eine vom Heiligen Geist erzeugte Einheit. Da sie geistlichen Ursprungs ist, kann sie allein durch die Wirkung des Heiligen Geistes entstehen, allein durch Ihn. Der Apostel frohlockt über den erstaunlichen Umstand, dass Juden und Heiden nun in Christus Jesus eins sind. Sie sind nicht nur Teilhaber des gleichen Lebens, sie halten sich auch an die gleiche Lehre der Apostel. Sie glauben das Gleiche, sie vertrauen der gleichen Person und wissen, dass Er sie alle auf die gleiche Weise errettet hat. Er hat »aus beiden eins gemacht und die Scheidewand des Zaunes abgebrochen« (Eph. 2,14). Die Juden sind nicht länger stolz darauf, Hüter des Gesetzes zu sein. Sie sehen nicht mehr herab auf die unwissenden Heiden, die kein Teil an der Stellung des auserwählten Volkes Gottes hatten. Diese Unterschiede sind überwunden. Sie alle sind eins in der Erkenntnis ihres verlorenen Zustandes, ihrer völligen Hoffnungs- und Hilflosigkeit. Sie sind aber ebenso eins im Vertrauen auf den Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, der sie um den Preis Seines eigenen kostbaren Blutes erkauft hat. Und so sind sie fähig, die Ermahnung zu verstehen, mit Fleiß und Wachsamkeit die Einheit, zu der sie durch das Wirken des Heiligen Geistes gebracht worden sind, zu bewahren.
Das Wesen der geistlichen Einheit
Welcher Art ist die vom Geist erzeugte Einheit? Die Antwort wird uns in den Versen 4-6 gegeben: »Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; ein Gott und Vater aller, über allen und durch alle und in euch allen.«
Beachten wir den ehrfurchtsvollen Ton, in der die Einheit beschrieben wird. Es geht nicht um ein wenig Freundlichkeit oder Kameradschaft untereinander, nicht nur um den guten Willen und Wunsch, nett zueinander zu sein. Es ist etwas, was uns in den Bereich der Heiligen Dreieinigkeit erhebt: der Geist, der Sohn, der Vater. Stets muss die Einheit in ehrfürchtiger Weise behandelt und niemals mit einer kameradschaftlichen Zusammenarbeit oder Organisation verglichen werden.
1. Ein Leib
»Befleißigt euch, die Einheit des Geistes zu bewahren durch das Band des Friedens: Ein Leib…« (ELB). Der Apostel schreibt es knapp und ohne alle Ausschmückung, ist doch die Tatsache über jede Diskussion erhaben. Die Einheit des Leibes, vom Heiligen Geist geschaffen, ist schon vorhanden. Wir müssen uns von der Vorstellung lösen, die Epheser würden hier ermahnt, etwas herzustellen oder nach etwas zu streben. Sie ist da, sagt er. Was euch zu tun übrig bleibt, ist, sie zu erhalten.
Das Wesen der Einheit wird nun als Erstes mit der Einheit eines menschlichen Leibes verglichen. Und das ist eindeutig der Vergleich, den der Apostel bei diesem Thema bevorzugt.
Warum ist es ein so guter Vergleich? Einfach darum, weil er den lebendigen und organischen Charakter der Einheit darstellt. Es geht ja nicht nur um die Bildung einer unverbindlichen Gruppe oder um ein unpersönliches äußerliches Zusammentreffen; vielmehr entspricht die Einheit dem Wunder und Geheimnis eines menschlichen Körpers, der aus vielen unterschiedlichen Teilen besteht, die aber alle organisch miteinander verbunden sind. Die Finger sind nicht mechanisch an die Hände gesteckt oder die Hände an die Unterarme usw. Nein, das Ganze ist eine lebendige Einheit. Alle Organe haben sich aus einer einzigen Zelle entwickelt, entspringen nur einem Keim, dessen Lebenskraft sie durch ihr Wachstum unter Beweis stellen. So ist es mit der Einheit der wahren Gemeinde Jesu.
Dann fährt Paulus fort, die Einheit der Gläubigen und das Leben, das für sie charakteristisch ist, mit der Einheit der drei göttlichen Personen zu vergleichen und mit der geheimnisvollen Verbindung zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist. »Ein Leib«, sagt er, »und ein Geist … ein Herr … ein Gott und Vater aller.« Drei in Einem, Einer in Dreien. Von dieser Einheit spricht der Apostel, und nun beschreibt er die Aufgaben, die jede der drei Personen bei der Herstellung der Einheit erfüllt.
Es ist das besondere Werk des Geistes, uns in die Einheit zu rufen. Er überführt, erweckt und befähigt uns zu glauben. Er nimmt Wohnung in uns und tauft uns in den Leib des Christus (1.Kor. 12,13). Dann erleuchtet Er unser Verständnis und führt uns weiter. Wir erfreuen uns Seiner Gemeinschaft.
2. Berufung
Dem Apostel ist es wichtig, diese Berufung, den Ruf, zu betonen, der vom Heiligen Geist ausgeht und von Ihm wirkungsvoll gemacht wird. Wir finden das häufiger in seinen Briefen. In 1. Korinther 2 sagt er zum Beispiel: »Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt werden muss« (V. 14). Wie kommt ein Mensch zum Glauben? Paulus antwortet: »Uns aber hat es Gott geoffenbart durch Seinen Geist« (V. 10). Und weiter: »Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, sodass wir wissen können, was uns von Gott geschenkt ist« (V. 12). Das ist der Geist, der das Werk vollbringt, und es ist ein erfolgreiches Werk.
In jedem von uns schafft Er das Gleiche, mögen auch im Einzelnen kleine, unwichtige Unterschiede vorhanden sein. Und das Ergebnis zeigt sich in der Einheit des Glaubens, der Lehrauffassungen und insbesondere der Hoffnung. Die Blickrichtung der Christen hat das gleiche Ziel. »Eine Hoffnung eurer Berufung.« Sie sind Pilger und Fremdlinge in der Welt, erneuerte Menschen mit einer völlig verwandelten Denkweise, und ihre Augen sind auf die gleiche ewige Heimat gerichtet. Sie freuen sich der glückseligen Hoffnung auf das Kommen ihres Herrn. Sie warten auf das Endgericht über die Sünde und das Böse, erwarten die Aufrichtung Seines ewigen Reiches und werden mit Ihm herrschen in der ewigen Herrlichkeit. »Ein Geist« – und das Werk dieses einen Geistes führt immer zu einer Hoffnung der Berufung.
3. Ein Herr
Hier müssen wir betonen, dass es nur einen Herrn gibt. Das war der Kern der apostolischen Predigt. Mit großer Freimütigkeit sagte es Petrus, als er und Johannes vor dem Hohen Rat standen: »Und es ist in keinem anderen das Heil; denn es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, in dem wir gerettet werden sollen!« (Apg. 4,12). Es gibt keinen anderen, keinen zweiten Herrn! Niemand kann Ihm an die Seite gestellt werden. Er ist absolut einmalig. Hier steht kein einfacher Mensch, Lehrer oder Prophet. Er ist der Sohn Gottes! Er ist der »Herr der Herrlichkeit« (1.Kor. 2,8), der menschliches Wesen angenommen hat. Ein Herr, Jesus Christus – mit niemandem ist Er zu vergleichen.
Paulus erklärt es auf bedeutungsvolle Weise: »Denn wenn es auch solche gibt, die Götter genannt werden, sei es im Himmel oder auf Erden – wie es ja wirklich viele ›Götter‹ und viele ›Herren‹ gibt –, so gibt es für uns doch nur einen Gott, den Vater, von dem alle Dinge sind und wir für Ihn; und einen Herrn, Jesus Christus, durch den alle Dinge sind, und wir durch Ihn« (1.Kor. 8,5-6). Das Gleiche sagt er in 1. Timotheus 2,5: »Denn es ist ein Gott und ein Mittler« – und nur einer – »zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Christus Jesus.«
Das ist in Bezug auf die christliche Einheit nun überaus wichtig. Sie ist die Einheit derer, die glauben, dass es nur einen Herrn gibt, dessen Werk so vollkommen ist, dass Er dazu keinen Beistand braucht. Es gibt keinen Miterlöser, wie das in der katholischen Kirche für die Jungfrau Maria in Anspruch genommen wird. Ebenso wenig sind Nothelfer erforderlich. Der Christ braucht die »Heiligen« nicht, um sie um ihre Fürbitte anzurufen. Einer ist Mittler, und der genügt. Er ist in sich vollkommen, und nichts muss Ihm und Seinem vollendeten Werk hinzugefügt werden. Der Glaube an diese Wahrheit der Heiligen Schrift eint uns, und es handelt sich dabei um einen wesentlichen Bestandteil der Einheit. Wir sehen auf den einmaligen Herrn und auf niemand anders. Er ist das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende. Er ist alles in allem. »Wer sich rühmen will, der rühme sich des Herrn!« (1.Kor. 1,31). Ein Herr.
4. Ein Glaube
Paulus erinnert uns dann daran, dass es nur einen Glauben gibt. Was heißt das? Die Antwort ist nicht leicht. Einige sind der Auffassung, dass es sich um unseren subjektiven, persönlichen Glauben oder die Qualität unseres Glaubens handele. Gewiss ist das mit eingeschlossen, aber damit scheint mir nicht alles erfasst zu sein. Es muss hier auch ein objektives Element vorhanden sein. Heißt es denn, dass wir ein bestimmtes Glaubensbekenntnis oder ein besonderes Credo unterschreiben sollen? Das kann nicht sein, weil es bei solchen Glaubensbekenntnissen an bestimmten Stellen und hinsichtlich bestimmter Einzelheiten immer Unterschiede gegeben hat.
Was ist nun dieser eine Glaube? Ich sehe da nur eine Antwort. Es handelt sich um die großartige Botschaft der Schrift von dem rechtfertigenden Glauben. Paulus drückt es in unübertrefflicher Weise so aus: »Denn ich schäme mich des Evangeliums von Christus nicht; denn es ist Gottes Kraft zur Errettung für jeden, der glaubt, zuerst für den Juden, dann auch für den Griechen; denn es wird darin geoffenbart die Gerechtigkeit Gottes aus Glauben zum Glauben, wie geschrieben steht: ›Der Gerechte wird aus Glauben leben‹« (Röm. 1,16-17). Das war der Kern, die Stärke der apostolischen Predigt – dass der Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, nicht durch Gesetzeswerke oder eigene Gerechtigkeit, welcher Art sie auch sein mag.
Eine klassische Erklärung finden wir in Römer 3. Nachdem uns Paulus mit den Worten: »Jetzt aber ist außerhalb des Gesetzes die Gerechtigkeit Gottes offenbar gemacht worden« (V. 21) an unsere neue Stellung als Christen erinnert hat, fährt er fort: »… sodass sie ohne Verdienst gerechtfertigt werden durch Seine Gnade aufgrund der Erlösung, die in Christus Jesus ist. Ihn hat Gott zum Sühnopfer bestimmt, [das wirksam wird] durch den Glauben an Sein Blut, um Seine Gerechtigkeit zu erweisen, weil Er die Sünden ungestraft ließ, die zuvor geschehen waren, als Gott Zurückhaltung übte, um Seine Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit zu erweisen, damit Er Selbst gerecht sei und zugleich den rechtfertige, der aus dem Glauben an Jesus ist. Wo bleibt nun das Rühmen? Es ist ausgeschlossen! Durch welches Gesetz? Das der Werke? Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens! So kommen wir nun zu dem Schluss, dass der Mensch durch den Glauben gerechtfertigt wird, ohne Werke des Gesetzes« (V. 24-28).
Das ist die zentrale Botschaft der Heiligen Schrift. Durch diesen Glauben an den Herrn Jesus Christus und Sein Werk werden wir gerechtfertigt. Und eben das ist es, was Paulus hier mit dem einen Glauben ausdrücken will, so wie es beispielsweise auch das große Thema des Galaterbriefes ist. Dieses einzigartige Evangelium, dass Gott den Gottlosen, der an Jesus glaubt, rechtfertigt, ist über jede andere Heilslehre erhaben. Es steht im Widerspruch zu allen Vorstellungen, die sich auf eine Rechtfertigung durch eigene Werke oder die Werke anderer Personen stützen. Christus allein ist es, der rettet und uns zu Teilhabern des Heils macht. So haben wir einen Herrn und einen Glauben.
5. Eine Taufe
Wir kommen zur nächsten Aussage: eine Taufe. Auch hier müssen wir sehr sorgfältig vorgehen. Ich erinnere mich dabei an den Kommentar eines christlichen Wochenblattes, worin der Schreiber leichthin erklärte: »Natürlich bedeutet das die Wassertaufe durch Untertauchen.« Doch der Zusammenhang des Textes erlaubt es nicht, hier lediglich einen Hinweis auf die Art und Weise der Taufe herauszulesen.
Wie wir sehen, wird hier die Taufe in Verbindung gebracht mit dem Ausdruck »ein Herr«. Was bedeutet das? Es ist der eine Herr, an den wir glauben, und um Seinetwillen sind wir durch den Glauben gerettet. Doch wir sind nicht nur gerettet, wir sind auch ein Leib mit Ihm. Und eben das will Paulus sagen. Er hat von dem einen Leib gesprochen, und in Vers 15 heißt es, dass Christus das Haupt des Leibes ist. Darum muss sich die Bezeichnung »eine Taufe« auf unsere geistliche Taufe in Christus hinein beziehen. Es geht nicht nur um eine Taufe in Seinem Namen, denn das würde unsere Aufmerksamkeit wieder auf das äußerliche Taufgeschehen lenken. Nein, hier steht die geheimnisvolle Vereinigung mit Ihm im Vordergrund, die durch den Taufakt dargestellt wird. Mit anderen Worten wird das Gleiche zum Ausdruck gebracht, was der Apostel in 1. Korinther 12,13 sagt. Hier wie dort spricht er von dem einen Leib: »Denn wir sind ja alle durch einen Geist in einen Leib hinein getauft worden, ob wir Juden sind oder Griechen, Knechte oder Freie, und wir sind alle getränkt worden zu einem Geist.«
Die Einheit, die es zu bewahren gilt, betrifft die Einheit des einen Leibes. Der Glaube ist das Instrument, das uns zu Christus hinführt. Doch darüber hinaus sind wir Teil Seines Leibes, sind in Ihn hineingetauft, sind in Christus. Den gleichen Gedanken drückt Paulus aus, wenn er sagt, dass uns alle Segnungen zuteilwerden, weil wir mit Christus vereinigt sind: lebendig gemacht mit Ihm, auferweckt mit Ihm, mit Ihm sitzend in der Himmelswelt. Nichts anderes lesen wir in Römer 6: »Oder wisst ihr nicht, dass wir alle, die wir in Christus Jesus hinein getauft sind, in Seinen Tod getauft sind? Wir sind also mit Ihm begraben worden durch die Taufe in den Tod, damit, gleichwie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt worden ist, so auch wir in einem neuen Leben wandeln. Denn wenn wir mit Ihm einsgemacht und Ihm gleich geworden sind in Seinem Tod, so werden wir Ihm auch in der Auferstehung gleich sein« (Röm. 6,3-5). Das ist die große und erhabene Lehre von der Vereinigung der Gläubigen mit dem Herrn Jesus Christus. Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe.
6. Ein Gott und Vater aller
Die wichtige und wunderbare Aussage betrifft den Vater: »ein Gott und Vater aller, über allen und durch alle und in euch allen.« Das ist der Schluss und zugleich auch der Höhepunkt des Erlösungswerkes. Mit dem Herrn Jesus Christus haben wir noch nicht das Letzte erreicht. Er, der Sohn Gottes, kam und starb, wie Petrus uns erinnert, »damit Er uns zu Gott führte« (1.Pt. 3,18). Erst hier sind wir an der Quelle aller Einheit angelangt – bei Gott, dem alleinigen Gott, der die große Errettung geplant und Seinen Sohn gesandt hat. Wir sind Sein Volk. Wir alle gehen gemeinsam zu Ihm und beten Ihn an als unseren Vater. »Das ist aber das ewige Leben«, sagt unser Herr, »dass sie Dich, den allein wahren Gott, und den Du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen« (Joh. 17,3). Die Erkenntnis Gottes, sie ist das höchste Ziel, der edelste Besitz. Es gibt nur einen Gott, und wir dürfen Ihn als unseren Vater erkennen.
Das ist das Fundament unserer Einheit. Wir sind Kinder des gleichen Vaters. Wir wissen, Er hat ein wunderbares Erbe für uns bereitet. Und wir sind zu der Einheit derer gelangt, die Miterben Christi sind, die auf die letzte Vollendung warten, auf ihren Eintritt in die Gegenwart Gottes. »Glückselig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen!« (Mt. 5,8). Er ist »über allen und durch alle und in euch allen«. Auf diese ausführliche Weise erklärt der Apostel das Wesen der Einheit. Und er betont, dass nur da Einheit möglich ist, wo wir Ihm in Bezug auf diese Wahrheiten zustimmen und an ihnen teilhaben. Das ist die Grundlage und das Wesen der christlichen Einheit. Und getrennt von diesen göttlichen Wahrheiten darf sie niemals gesehen und verstanden werden.