Einzigartige Gelegenheiten
Drittens: Wenn wir in der engen Gemeinschaft mit Jesus Christus bleiben und uns die Reichtümer des Lebens mit Ihm bewusst werden, entdecken wir – oft zu unserer eigenen Überraschung – die einzigartigen Segnungen, die das Single-Dasein mit sich bringt. Auf einer rein praktischen Ebene können wir eher über unsere Zeit verfügen als Verheiratete (»eher verfügen« ist hier entscheidend, entgegen der landläufigen, aber irrtümlichen Auffassung, Singles hätten generell mehr Zeit).
Singles haben auch mehr Spielraum, wenn es um Geld geht. Als alleinstehende Frau kann ich mir zum Abendessen ein Grillhähnchen kaufen und eine Stunde lang in der Bibel lesen, bevor ich mich zum Essen hinsetze. Die meisten meiner verheirateten Freundinnen sind um diese Zeit mit der Zubereitung eines Essens für die Familie beschäftigt, und da gibt es nur selten ein fertig gegrilltes Hähnchen (zu wenig für eine ganze Familie, aber vier Mahlzeiten für eine Single-Frau). Alleinstehende können leichter ihren persönlichen Vorlieben frönen, nicht nur wenn es ums Essen geht, sondern auch bei der Planung von Freizeitaktivitäten am Wochenende oder von Urlaub, bei ihrem Engagement in der Gemeinde oder für die Allgemeinheit.
Vor einer Weile las ich einen Blogbeitrag einer verheirateten Christin. Ihre Kritik richtete sich gegen unverheiratete Frauen, die ihrer Meinung nach egoistisch seien, weil sie solche Vorteile genießen. Können Sie sich vorstellen, dass ein Christ oder eine Christin einen ähnlichen Artikel über verheiratete Frauen schreibt und sie darin tadelt, weil sie die einzigartigen Segnungen der Ehe genießen? Bestimmt nicht. Wir Singles machen uns gegenseitig Mut und geben Gott die Ehre, wenn wir unsere unverwechselbaren Vorteile erkennen, annehmen und sie für etwas Gutes einsetzen. »Irrt euch nicht, meine geliebten Brüder: Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter, bei dem keine Veränderung ist, noch ein Schatten infolge von Wechsel« (Jak. 1,16-17).
Das bei Weitem beste Privileg des Single-Daseins ist die Möglichkeit zu einem intensiveren Leben in der Nachfolge Jesu und zum Dienst für unseren Herrn und Erlöser. Mehr als alles andere, mehr auch als die Ehe, ist das eine Antwort auf unsere Einsamkeit. Wie Maria haben wir öfter die Gelegenheit, uns zu den Füßen Jesu niederzulassen und von Ihm zu lernen (Lk. 10,38-42). Wie Maria Magdalena haben wir mehr Möglichkeiten, das Wunder der Auferstehung zu erleben (Joh. 20,11-18). Wie Hanna sind wir mobiler, hinauszugehen und das Evangelium weiterzugeben (Lk. 2,38). Wie Lydia haben wir mehr Flexibilität, unser Zuhause und unsere Mittel für den Dienst in der Gemeinde einzusetzen (Apg. 16,15.40). Wenn wir diese einzigartigen Vorteile nutzen, erleben wir eine gewisse Erfüllung, die unsere verheirateten Glaubensgeschwister nicht so umfassend kennen, und wenn wir diese Gelegenheiten voller Dankbarkeit annehmen, verdeutlichen wir allen unseren Mitchristen, wie bereichernd und fruchtbar das Leben als Single sein kann.
Gesegnet wegen und nicht trotz des Single-Seins
Ist das nicht auch unser Wunsch? Wir möchten doch nicht bloß auf dem Papier, sondern in unserem Herzen und dort, wo wir unseren Glauben ausleben, gewiss sein, dass wir einen Wert haben, nicht trotz, sondern wegen unseres Single-Seins. Wenn eine Frau nie die Bewunderung eines Mannes erlebt hat oder wenn sie von einem (oder mehreren) zurückgewiesen wurde, neigt sie schnell dazu, ihren eigenen Wert als Person infrage zu stellen. Zu solchen Frauen kommt Jesus Christus. Er will nicht ihr Selbstwertgefühl aufbauen, sondern sie dazu bringen, Ihn Selbst als ihren Wert zu erkennen. Wenn wir Jesus auf diese Weise wertschätzen, wird uns unser eigener Wert deutlich. Dann entdecken wir, dass wir aufgehört haben, uns über unseren Familienstand zu definieren. Wir brauchen nicht verheiratet zu sein, um eine ehrbare Identität zu haben. Geistlich gesehen sind wir in Jesus Christus bereits »verheiratet«. Unsere ganze Identität ist mit Seiner Person verbunden – und das trifft auf jeden Nachfolger Jesu zu, ob verheiratet oder unverheiratet. Das alles spricht auf tiefgehende und direkte Art bestimmte Aspekte der Einsamkeit an, die uns zwar bewusst sind, die wir aber nicht konkret fassen können. Wenn wir Gemeinschaft mit unserem Erlöser haben und unsere Identität in Ihm finden anstatt in unserem Familienstand, können wir uns stärker in unser Zusammensein mit unseren Mitchristen einbringen, weil uns unser Single-Status nicht mehr so sehr verunsichert.
Ein Single-Leben zur Ehre Gottes
Wir können auch anderen Mitchristen in dieser Richtung helfen, vor allem dann, wenn unsere Gemeinde ihre Mitglieder nach demografischen Gesichtspunkten aufteilt. Sie wissen, was ich damit sagen will. Da gibt es die Single-Gruppe (oder auch zwei, eine für junge Erwachsene und die andere für die 40-plus-Leute). Dann gibt es die Kleingruppe für Jungverheiratete, das monatliche Mittagessen für Senioren und die unterschiedlichen Jugendgruppen, aufgeteilt nach Alter. Wir möchten die Vorteile dieser demografisch unterteilten Untergruppen bestimmt nicht leugnen; aber diese Unterteilung birgt eine Gefahr: Man blendet dadurch aus, dass jeder in der Gemeinde zur großen Familie Gottes gehört. Wir wollen jedoch nicht aus den Augen verlieren, was der Apostel Paulus dazu gesagt hat: »Nun aber gibt es zwar viele Glieder, doch nur einen Leib. Und das Auge kann nicht zur Hand sagen: Ich brauche dich nicht!, oder das Haupt zu den Füßen: Ich brauche euch nicht!« (1.Kor. 12,20-21). Verheiratete Gemeindemitglieder profitieren von unverheirateten, und die Unverheirateten profitieren wiederum von den verheirateten Männern und Frauen in ihrer Mitte. Auf diese Weise soll nach dem Willen Jesu Seine Gemeinde wachsen und gedeihen.
Natürlich sind Single-Gruppen in einer Gemeinde ein Segen. Sie sind eine ideale »Kontaktbörse« für spätere Ehepaare, und oft beginnen in solchen Gruppen lebenslange Freundschaften. Single-Gruppen können jedoch auch ungesund für den Glauben sein, wenn sie zu einer kleinen Gemeinde innerhalb der Gemeinde werden, oder wenn sie an die Stelle des Sonntagsgottesdienstes treten. Ein Dienst für Singles kann – und sollte – als Einstieg in die Gesamtgemeinde dienen; aber wenn er zum Selbstzweck wird, hat letzten Endes niemand etwas davon, auch nicht die Singles selbst. Die Endvierziger, die in der Single-Gruppe bleiben, die sie bereits mit Anfang 20 besucht haben, ohne sich der Gemeinde als Ganzes anzuschließen, bilden im Laufe der Zeit eine Art Selbsthilfegruppe für traurige Singles. Erkennen Sie, wie hier das Gesetz des abnehmenden Ertrags am Werk ist? So etwas mindert unsere Einsamkeit nicht, sondern verstärkt sie sogar. Die Hand braucht den Fuß, und das Auge braucht das Ohr. Deshalb ist es gut, wenn wir in der Kraft, die Jesus uns gibt (Phil. 4,19), die Schutzhülle des Sicheren und Vertrauten, des Leichten und Bequemen verlassen und teilhaben am Leben anderer, zu denen Gott uns bestimmt senden wird.
Wenn Sie davon nicht gerade begeistert sind, könnte das daran liegen, dass Sie bei der Vorstellung, sich stärker in die Gemeinde einzubringen, an bestimmte Funktionen denken, die Singles üblicherweise übernehmen oder in die sie von der Gemeinde hineingedrängt werden. Das können Kinderprogramme sein oder die Arbeit in Spielgruppen für Kleinkinder, damit die Mütter sich eine dringend benötigte Pause gönnen können. Natürlich kann die Arbeit mit den Kindern unserer Gemeinde nicht nur eine Hilfe für erschöpfte Mütter sein, sondern auch Balsam für die Seele einer kinderlieben Single-Frau mit großem Mutterherzen. Aber das trifft nicht auf alle Single-Frauen zu. Manche von uns haben einfach keine Gabe für die Arbeit mit Kindern. Und wissen Sie was? Das ist vollkommen in Ordnung. Eine Vorliebe für andere Bereiche der Gemeindearbeit verringert nicht unsere Weiblichkeit oder unseren Nutzen für die Gemeinde Jesu. Vorhandener Bedarf ist nicht immer gleichzusetzen mit Berufung, und eine sich bietende Gelegenheit ist nicht immer die Antwort. Wenn das bei uns der Fall sein sollte, können wir in Liebe unsere ehrliche Meinung dazu sagen. Die Wahrheit in Liebe ausgesprochen erzeugt Gemeinschaft in Einheit.
Verheiratet oder unverheiratet, wir alle haben bestimmte Gaben, und wir dienen der Gemeinde Jesu am besten und mit der größten Freude, wenn wir diese Gaben entdecken und einsetzen. Wenn Gott uns nicht dazu berufen hat, eine Familie zu gründen, oder uns nicht die Gabe geschenkt hat, mit Kindern zu arbeiten, können wir sicher sein, dass Er uns zu etwas anderem berufen hat. Sobald wir bereit sind, unseren Mitchristen zu dienen, zeigt Gott uns die einzigartigen Möglichkeiten, die Er uns schenkt, damit unsere Freude wächst, in der Gemeinde Gutes bewirkt und Ihm die Ehre gegeben wird.
Im Heilsplan Gottes ist das Single-Leben keine »zweite Wahl«. Im Gegenteil, es ist ein besonderes Vorrecht mit einzigartigen Segnungen, die wir genießen und an andere weitergeben dürfen. Sind wir dazu bereit, wenn Gott uns nicht oder erst später in eine Ehe beruft? Teilen Sie Ihm Ihre Bereitschaft mit, und wenn Sie noch nicht an diesem Punkt sind, bitten Sie Ihn, Sie dorthin zu führen. Sie haben nichts zu verlieren – bloß die Einsamkeit.
Ein lebenswertes Leben
»Nichts zu verlieren – bloß die Einsamkeit.« Diese Worte sind nicht bloß ein banaler Abschluss für ein Kapitel über die Einsamkeit im Single-Dasein. Diese Worte sind wahr. Ich weiß es, weil ich es selbst erlebt habe. Früher in meinem Leben war das Alleinsein bloß ein anderer Begriff für Enttäuschung (oder gar Frustration mit einer gelegentlichen Dosis Bitterkeit). Während dieser Zeit tat ich alles, um meinen Familienstand zu ändern; aber wie bei allen Schritten, die wir ohne Gott unternehmen, führte dieses ständige Bemühen nur zu weiterer Enttäuschung. Doch eines Nachts führte Gott mich an meinen persönlichen Endpunkt. Ich erinnere mich noch an jede Einzelheit dieser Nacht, wie ich allein in meiner dunklen Wohnung saß und das Ende einer anfangs vielversprechenden Beziehung hinnehmen musste. Ich betete: »Lieber Gott, wenn die Ehe im Moment nicht Dein Plan für mich ist, was ist es dann? Du weißt, was ich mir so sehr gewünscht habe; aber jetzt frage ich Dich: Was ist Dein Wille für mein Leben?«
Ich war überrascht, dass die düstere Resignation, mit der ich mein Gebet begonnen hatte, verschwunden war, als ich es beendete. Stattdessen war ich erfüllt von hoffnungsvoller Erwartung und Vertrauen. Ich hatte dieses Gebet schon vorher gesprochen, aber diesmal war etwas anders gewesen; denn diesmal meinte ich es wirklich ernst. Nur Gott konnte mich zu diesem Punkt hinführen, und das tat Er auch.
Danach boten sich mir innerhalb sehr kurzer Zeit neue Gelegenheiten, und ich fand eine Arbeit, die mir seitdem Erfüllung und wahre Zufriedenheit schenkt. Natürlich gibt es noch immer Stunden und Tage der Einsamkeit, aber sie beherrscht nicht mehr mein Leben wie in jener Nacht vor langer Zeit. Die Arbeit, die ich mache, ist nur teilweise ein Grund dafür. In diesem nächtlichen Gebet öffnete sich mein Herz vollständiger für Jesus Christus als meinem Herrn. Der Segen, den ich in meiner Arbeit erfahre, und die daraus resultierende Zufriedenheit sind direkte Folgen dieser neuen Haltung.
Damals bekam ich Hilfe von einer tiefgläubigen Frau, die schon seit Jahrzehnten den Weg des Single-Lebens ging. Ich beobachtete, wie sie lebte und wie sie Jesus Christus in unserer Gemeinde hingebungsvoll diente. Sie hatte nur sehr wenige materielle Güter, aber das schien ihr gleichgültig zu sein. Ich weiß nicht, wie sie ihr Leben als Single empfand, weil sie nie über sich selbst sprach. Gespräche mit ihr waren nie Gespräche über sie.
Vor ein paar Jahren erreichte sie das Rentenalter, und sie wollte zu Beginn dieses neuen Lebensabschnitts auch ihre Rolle in der Gemeinde beenden. Als ich diese Nachricht hörte, dankte ich Gott, dass Er sie vor vielen Jahren in mein Leben geführt hatte, weil sie für mich ein Vorbild war, wie man über Jahrzehnte ein freudiges Single-Leben zur Ehre Gottes führen kann. Sie können sich bestimmt vorstellen, wie überrascht ich war, als ich herausfand, dass sie sich verlobt hatte. Ein älterer Witwer war in ihr Leben getreten und hatte ihr Herz im Sturm erobert. Eine so strahlende Braut habe ich noch nie gesehen, und dieses Strahlen ließ nicht nach, als die Hochzeit vorbei war. Ihr Bräutigam trug sie auf Händen und umgab sie nicht nur mit seiner Zuneigung, sondern auch mit materiellen Annehmlichkeiten, die für sie vorher unvorstellbar gewesen waren.
Jetzt kennen Sie meine Geschichte und auch die Geschichte meiner Freundin. Beide offenbaren uns, dass Gott sich daran freut, diejenigen zu segnen, die ihr Vertrauen auf Ihn setzen. Beide zeigen, dass der Makel des Alleinseins und die damit einhergehende Einsamkeit Gott nicht gleichgültig sind. Ich bin immer noch unterwegs und ganz bestimmt noch nicht am Ziel angekommen. Aber ob unverheiratet oder verheiratet, ich möchte so leben, wie es mir meine Freundin durch ihr Beispiel gezeigt hat. Sie hat erlebt, wie sich die Worte eines unverheirateten Propheten in ihrem Leben bewahrheitet haben:
»Gnadenbeweise des HERRN sind’s, dass wir nicht gänzlich aufgerieben wurden, denn Seine Barmherzigkeit ist nicht zu Ende; sie ist jeden Morgen neu, und Deine Treue ist groß! Der HERR ist mein Teil!, spricht meine Seele; darum will ich auf Ihn hoffen« (Kla. 3,22-24).
Wollen Sie das auch? Welcher Aspekt unserer engen Gemeinschaft mit Jesus Christus verändert unsere Sichtweise über unseren Familienstand?
Ein Auszug aus dem Buch »Gott in der Einsamkeit begegnen«, Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg