Das Wort »überzeugend« markiert ein entscheidendes und oft fehlendes Element einer Predigt. Eine evangelistische, bibelzentrierte Predigt zeichnet sich durch Überzeugungskraft aus, weil diese Kraft wie ein beständiger Wind ist, der einen Baum in eine bestimmte Richtung neigt, oder wie das Salz, das den Geschmack der Mahlzeit bestimmt.
Ich sage nicht, dass die Umkehr des Sünders zu Christus eine direkte Folge der Überzeugungskraft und Argumentationsstärke des Predigers sei. Die Errettung ist allein das Werk des Heiligen Geistes; aber diese Tatsache bedeutet nicht, dass man sich nicht bemühen sollte, Menschen zu überzeugen, weil Gott sie ja ohne menschliche Mittel erwecken werde. Die Apostel glaubten zweifellos, dass Gott Mittel gebraucht – die Predigt und das Zeugnis des Wortes als das äußere Mittel –, während gleichzeitig der Heilige Geist das Herz bewegt, sodass der Zuhörer die Aussage der Predigt begreift. Paulus betonte, dass Prediger sich Mühe geben sollen, die Verlorenen mit Warnungen und liebevollen Aufforderungen zu überzeugen, und dass dieser nachdrückliche Ruf zum Glauben ausnahmslos an alle Sünder an allen Orten ergehen sollte.
In manchen Zeiten der Kirchengeschichte ging diese Ansicht verloren, sodass die überzeugende Verkündigung ausstarb, was zu einem schlimmen geistlichen Niedergang führte. Aber bald darauf folgte wieder ein Morgendämmern der Selbstüberprüfung, und die überzeugende christuszentrierte Predigt wurde »von neuem geboren«. Ein Beispiel dafür lässt sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts beobachten, nachdem das Feuer der »Großen Erweckung« verloschen und die Stimmen von Whitefield und den Wesleys verstummt waren. Damals war das Evangelisieren fast zum Erliegen gekommen, und ein verbissener Hypercalvinismus erstickte viele Gemeinden.
Doch bald darauf hörte man, wie Andrew Fuller die Prediger zurück zum wahren Evangelium brachte – mit seinem bekanntesten Schriftstück »The Gospel Worthy of All Acceptation« (Das Evangelium, das aller Annahme wert ist). Ein Kampf entbrannte um das Thema der freien Gnade im Evangelium und um die Frage, ob Gott sich menschlicher Werkzeuge bediene, um die Verlorenen zu erreichen und zu überzeugen. Im Endeffekt ging es hauptsächlich um das Überzeugen. Die Vertreter der Auffassung, dass das Evangelium von der freien Gnade spricht und Gott sich menschlicher Werkzeuge bedient, gewannen die Oberhand. Die Folge war, dass in den Gemeinden wieder Segen und Kraft strömte und der Herr Bekehrungen bewirkte.
Auch heute fehlt vielen Predigern wieder die Überzeugungskraft. Viele vermitteln die Fakten des Evangeliums und ermahnen dabei manchmal eindringlich, aber selten mit überzeugenden Worten. Martyn Lloyd-Jones sagte einst treffend, dass sie nur die Fahne schwenkten. Sie legen die allgemeinen Wahrheiten des Evangeliums dar, versäumen es jedoch, Gottes Interesse an den Zuhörern zum Ausdruck zu bringen, unterstützende Argumente zu verwenden oder eindringlich zur Umkehr aufzufordern.
Die Grundlage der Apostel
Die Apostel hatten keine Hemmungen, das Evangelium der Gnade Gottes auf überzeugende Art zu verkünden. Sie glaubten, die Menschen würden durch ihre biblischen Argumente und Aufrufe überzeugt, wenn der Heilige Geist dabei wirkt. Sie sahen sich als Botschafter Gottes an, die beauftragt sind, Seine Herzens- und Geisteshaltung gegenüber verlorenen Sündern zum Ausdruck zu bringen, und so riefen sie: »So sind wir nun Botschafter für Christus, und zwar so, dass Gott Selbst durch uns ermahnt; so bitten wir nun stellvertretend für Christus: Lasst euch versöhnen mit Gott!« (2.Kor. 5,20). Dieses »Ermahnen« kann nicht ohne Leidenschaft geschehen.
Die Apostel bedienten sich auch nicht der Methode einiger heutiger Prediger, die Zuhörer unter dem Verdammungsurteil des Gesetzes zu erdrücken. Solche Prediger grollen, donnern und gebieten in feindseliger Weise. Paulus dagegen deckte die Sünde auf, warnte vor der Verdammnis und bat dann seine Zuhörer eindringlich, Buße zu tun. Er redete als jemand, der mit ihnen mitfühlt. Die Apostel trugen dieselbe Fackel überzeugenden, eindringlichen Bittens wie einst die Propheten und repräsentierten das Herz Gottes wie Hesekiel, als er seinen alarmierenden Appell an das Volk richtete: »Denn warum wollt ihr sterben, ihr vom Haus Israel? Denn Ich habe kein Gefallen am Tod dessen, der sterben muss, spricht GOTT, der Herr. So kehrt denn um, und ihr sollt leben!« (Hes. 18,31-32). Jesajas Aufruf klingt ganz ähnlich: »Kommt doch, wir wollen miteinander rechten!, spricht der HERR« (Jes. 1,18). Auch Jeremia nötigte seine Zuhörer zum Nachdenken und fragte sie immer wieder, warum sie den Herrn verlassen hatten.
In seinem Gleichnis vom Weinberg rührt Jesaja die Gewissen mit anschaulichen Argumenten an. Was hätte Gott noch mehr für sie tun können (Jes. 5,4)? Warum haben sie eine solch feindselige Haltung Ihm gegenüber eingenommen? Warum haben sie Ihn lieber verachtet, anstatt Ihm zu gehorchen und die verheißenen Segnungen zu empfangen? Warum haben sie das Verderben gewählt? Welchen Fehler haben sie an Ihm gefunden?
Dieses herausfordernde Predigen geschah nicht lieblos oder kritiksüchtig, denn die Prediger ermahnten und warnten mit vollem Eifer und mit ihrer ganzen Leidenschaft, die sie aufbringen konnten. Predigen wir auf diese Weise? Hierbei handelt es sich nicht etwa um manipulierende Techniken, nicht um rührselige Geschichtchen oder dramatisch-vehemente Gefühlsausbrüche. Es handelt sich auch nicht um Aufrufe, dass jetzt alle die Köpfe zum stillen Gebet senken sollten, während der Prediger bewegende, rührselige Worte ins Mikrophon flüstert.
Ein überzeugender Predigtstil bringt dem denkenden Verstand geistliche, biblische Argumente nahe, und zwar in der Tat von Gefühlen motiviert, aber ohne taktischen und theatralischen Emotionalismus. Wir wollen uns dazu das Vorbild der Apostel ansehen, denn ihr Predigtstil wird gewiss jeden Zweifel über die richtige Methode aus dem Weg räumen. Ist es richtig, Argumente zu gebrauchen, »mit den Seelen zu ringen« (ein Ausdruck der Puritaner), sie zu nötigen und anzuflehen? Einige behaupten, das sei falsch; doch aus der Apostelgeschichte lernen wir etwas anderes.
Wie Paulus predigte
In Apostelgeschichte 17,17 heißt es von Paulus: »Er hatte nun in der Synagoge Unterredungen mit den Juden und den Gottesfürchtigen, und auch täglich auf dem Marktplatz mit denen, die gerade dazukamen.« Das Wort, das hier mit »Unterredungen haben« übersetzt ist, bedeutet wörtlich, dass er ihnen Argumente vorlegte und seinen Zuhörern im Verlauf der Unterredung einen Beweis nach dem anderen präsentierte. Für verschiedene Arten von Zuhörern verwendete er ihnen jeweils angepasste Gedankengänge (wie er in 1. Korinther 9 bestätigt), obwohl er nie Gedanken aus der säkularen Philosophie entlehnte (1.Kor. 2,4). Wenn er sich zum Beispiel an die Juden wandte, betonte Paulus, dass sie ihren verheißenen Messias verworfen hatten, und zeigte ihnen, dass sie dabei gegen die klaren Prophezeiungen der Schrift handelten. Manchmal scheint er sich als Anwalt Christi betrachtet zu haben, der einen Beweis liefern und ein Schiedsgericht überzeugen will.
Dieses Unterreden bedeutet nicht, dass er einen Dialog oder eine Diskussion führte, sondern beschreibt vielmehr den Predigtstil des Apostels und die Art und Weise, wie er die Hoffnungslosigkeit der weltlichen Anschauungen aufdeckte und diesen die Überlegenheit des Heils gegenüberstellte. Vielleicht hat er die Konsequenzen der Lebensweise eines Ungläubigen aufgezeigt und diese mit dem glorreichen Ziel des Glaubens an Christus verglichen. Durch diese »argumentative« Technik forderte er die Menschen dazu auf, nachzudenken und die ewigen Dinge abzuwägen. Er hetzte und wetterte nicht, wie es heute manche tun, die einfach Fakten des Evangeliums wie Maschinengewehrsalven auf die Zuhörer abfeuern.
In Apostelgeschichte 18,13 warfen die Juden Paulus vor, dass er überredende Argumente verwendete. Sie erklärten ihn deshalb für schuldig, und er wurde mit der Anklage vor den Richterstuhl des römischen Statthalters in Korinth geführt: »Dieser überredet die Leute zu einem gesetzwidrigen Gottesdienst!« Das Wort für überreden stammt von einer Zusammensetzung griechischer Wörter, wodurch wiederholt oder nachdrücklich auf eine Tatsache hingewiesen wird. Die führenden Juden waren darüber beunruhigt, dass Paulus solch überredende Argumente und solch einleuchtende Aufforderungen vorbrachte.
Und damit stand Paulus nicht allein da; denn in Apostelgeschichte 18,28 lesen wir, dass Apollos dieselbe Methode praktizierte: »Er widerlegte die Juden öffentlich mit großer Kraft, indem er durch die Schriften bewies, dass Jesus der Christus ist.« Das griechische Wort, das hier mit »großer Kraft« übersetzt ist, bedeutet eigentlich auf eine gut gemeinte Art und Weise oder mit Nachdruck. In Bezug auf das Verkündigen einer Botschaft weist es darauf hin, dass der Gedankengang Überzeugungskraft hatte, weil die einzelnen Aspekte schlüssig verknüpft und gut bewiesen waren. Das Wort in diesem Vers, das mit »widerlegen« übersetzt ist, bedeutet vollständig widerlegen, völlig beweisen. Anders ausgedrückt bewies Apollos den Juden auf überzeugende Weise, »dass Jesus der Christus ist«, und dass Er der einzige Weg zum Leben ist. Der »Apollos« von heute ist der Prediger, nach dessen Predigt die Zuhörer beim Verlassen des Gebäudes keine Argumente mehr haben, um weiterhin für diese verdorbene und vergängliche Welt zu leben.
Lukas’ Bericht in Apostelgeschichte 19,8-9 von Paulus’ Dienst unter den Heiden in Ephesus betont diesen Punkt wiederum: »Und er ging in die Synagoge und trat öffentlich auf, indem er drei Monate lang Gespräche führte und sie zu überzeugen versuchte von dem, was das Reich Gottes betrifft. Da aber etliche sich verstockten und sich weigerten zu glauben, sondern den Weg vor der Menge verleumdeten, trennte er sich von ihnen und sonderte die Jünger ab und hielt täglich Lehrgespräche in der Schule eines gewissen Tyrannus.« Zweifellos zeigte er denen, die nicht glaubten, wo sie wirklich standen, und verglich diesen ihren Standpunkt mit dem Glauben und der Erfahrung von Christen. Beide Standpunkte und Situationen stellte er gründlich einander gegenüber.
In Apostelgeschichte 20,31 erinnerte Paulus die Ältesten von Ephesus an seinen Predigtstil und sagte: »Darum wacht und denkt daran, dass ich drei Jahre lang Tag und Nacht nicht aufgehört habe, jeden Einzelnen unter Tränen zu ermahnen.« Das griechische Wort für »ermahnen« bedeutet, den Verstand zurechtzuweisen, zu warnen und zu ermahnen. Daran sehen wir, dass Paulus seine Zuhörer klar darauf hinwies, welche Konsequenzen ihrem Verhalten folgen würden, wenn sie nicht Vergebung empfingen und sich bekehrten. Er predigte nicht nur das Kreuz, sondern ging noch weiter und rang mit den widerspenstigen Herzen. Zwar sind einige dieser Verse Wiederholungen, aber zusammen beweisen sie, indem sie jeden Zweifel ausräumen, dass die Überzeugungskraft und das Ringen um die Seelen zu den Markenzeichen der ersten bibeltreuen Prediger gehörten.
In Apostelgeschichte 24,25 lesen wir von der bemerkenswerten Begebenheit, in der Paulus eine Anklagebank in eine Kanzel umwandelte, um das Herz eines römischen Statthalters herauszufordern. Lukas beschreibt Paulus’ charakteristische Verkündigung so: »Als er aber von Gerechtigkeit und Enthaltsamkeit und dem zukünftigen Gericht redete, wurde Felix von Furcht erfüllt, und er antwortete: Für diesmal kannst du gehen; wenn ich aber gelegene Zeit finde, will ich dich wieder rufen lassen!« Das mit »redete« übersetzte griechische Wort bedeutet auch diskutieren und argumentieren. Paulus verdeutlichte Felix die Torheit eines ungläubigen Lebensstils so eindrücklich, dass Felix Angst bekam. Es fand zwar offenbar kein rettendes Werk der Gnade an seinem Herzen statt, aber auf menschlicher Ebene wurde ihm seine Stellung vor Gott zutiefst bewusst. Das wurde nicht durch die Lautstärke der Predigt erzielt, sondern durch eine überzeugende Verkündigung der Wahrheit.
Im letzten Kapitel der Apostelgeschichte sehen wir, wie der unbeirrbare Apostel immer noch bis ans Ende seines Dienstes überzeugt, argumentiert, diskutiert und auffordert. Er wurde weder nachlässig noch modifizierte er seine Methode. Es ist beachtenswert, wie Lukas die leidenschaftliche Argumentationsweise des betagten Apostels beschreibt: »Nachdem sie ihm nun einen Tag bestimmt hatten, kamen mehrere zu ihm in die Herberge. Diesen legte er vom Morgen bis zum Abend in einem ausführlichen Zeugnis das Reich Gottes dar und suchte sie zu überzeugen von dem, was Jesus betrifft, ausgehend von dem Gesetz Moses und von den Propheten« (Apg. 28,23).
In seinen Briefen beschreibt Paulus seine Art des Predigens selbst, zum Beispiel in 2. Korinther 5,11: »In dem Bewusstsein, dass der Herr zu fürchten ist, suchen wir daher die Menschen zu überzeugen, Gott aber sind wir offenbar; ich hoffe aber auch in eurem Gewissen offenbar zu sein.« Das Wort »überzeugen« bedeutet: durch Argumentation überreden. Es ist ein großer Unterschied, ob man lediglich einen Sachverhalt darlegt oder ob man Menschen wirklich zu überzeugen sucht. Wir haben bereits Paulus’ Aussage aus 2. Korinther 5,20 angeführt, wo er sich als Botschafter Christi beschreibt, der Sünder anfleht und nötigt, zum Herrn zu kommen.
Die Reformations- und Erweckungszeit
Wenn wir die Prediger betrachten, die Gott zur Zeit der Reformation und der Erweckungsbewegungen so vollmächtig gebraucht hat, stellen wir fest, dass auch sie diese direkte, überzeugende Art angewendet haben. Aus den Werken des Puritaners Richard Baxter lernen wir, dass seine Predigten oft mit zahlreichen überzeugenden Gründen endeten, warum ein Sünder Buße tun und im Glauben zu Christus kommen sollte.
Diesen Predigern war das bloße Verkünden der Fakten des Evangeliums nicht genug. Sie sagten nicht einfach: »Du bist ein Sünder und brauchst einen Retter.« Sie erklärten und bewiesen das den Leuten und beantworteten ihnen Fragen, wie zum Beispiel: Was ist Sünde? Warum ist sie falsch? Warum sollte ich dafür bestraft werden? Warum wird Gott mir ohne effektive Sühnung durch den Retter nicht vergeben? Wer ist dieser Retter? Warum sollte Er der einzige Weg sein? Inwiefern und warum ist diese Welt völlig verdorben und dem Untergang geweiht? Wenn die Prediger zu Baxters Zeiten – einem religiösen Zeitalter – ihre Zuhörer mit herausfordernden Tatsachen überzeugen mussten, wie viel mehr gilt das dann für uns, die wir in einem nichtreligiösen Zeitalter leben.
Viele Predigten von C.H. Spurgeon enthalten Argumente »à la Baxter«. Solche Argumentationen haben ihren Ursprung, wie ich bereits sagte, in alttestamentlichen Aufrufen, wie zum Beispiel: »Warum wollt ihr sterben, o Haus Israel?« (Hes. 33,11). Spurgeon ruft: »Warum wollt ihr lieber gegen Gott sündigen?« Das große »Warum?« taucht in vielen verschiedenen seiner Predigten in unterschiedlichen Zusammenhängen auf. »Warum wollt ihr lieber sterben? Warum meint ihr, es sei besser, fern von Christus umzukommen? Warum sollte das Unglück eines fleischlichen, sündigen Lebens den Segnungen des Heils vorzuziehen sein? Warum verwerft ihr den Retter, euren einzigen Weg zu Vergebung und Leben?«
Für Prediger ist es besonders ermutigend, sich vor Augen zu halten, dass die Predigt ein einzigartig wirksames Mittel für warnendes und aufforderndes Überzeugen ist. Predigen hat gegenüber einem persönlichen Gespräch (und auch gegenüber dem geschriebenen Wort) bemerkenswerte Vorteile, weil es ein unpersönliches Mittel mit einem höchst persönlichen kombiniert. Der Prediger kann Dinge sagen, die man bei einem persönlichen Zeugnis kaum auszusprechen wagen würde – es sei denn, man hat eine ganz besondere Beziehung zum Zuhörer –; denn die Predigt kann wunde Punkte berühren, die schlimmste Sünde ansprechen und die unreinsten Motive des Herzens offenlegen. Doch gleichzeitig kann sie mit einem großen persönlichen Anliegen und Verlangen auffordern. All das kann sie erzielen, weil die potenziell verletzende, offensive Botschaft vor einer Menschenmenge gepredigt wird. Dadurch wird vermieden, dass die Einzelnen persönlich beleidigt und verletzt werden.
Die Predigt kann mit durchforschender und überzeugender Kraft Stolz, Eigennutz, Habgier, Arglist und unmoralische Lust ansprechen. Bei einem persönlichen Zeugnis kann man das selten tun. Die Predigt kann auch direkt mit einem Maß an Feinfühligkeit und Dringlichkeit auffordern, das bei einem persönlichen Gespräch nicht erreichbar ist. Persönliches Zeugnis und Predigt müssen offenbar zusammenwirken, um die Verlorenen zu gewinnen; doch der Prediger hat einen einzigartigen Zugang zum Verstand und Herzen des Menschen. Vielleicht kennt er keinen einzigen Anwesenden aus der Menge persönlich, und doch kommt er jedem Einzelnen näher als der engste Freund, weil die Predigt die unpersönlichste und zugleich persönlichste Sache überhaupt ist.
All das bedeutet, dass Gott Predigten gebrauchen kann, um Menschen von ihrem tiefen Elend zu überführen. Weil sie sowohl Schärfe beinhalten als auch auffordernde Kraft, verdeutlichen sie den Zuhörern, dass die Errettung eine unverzichtbare Grundlage hat, nämlich echte Buße. Somit werden oberflächliche, nicht von Sünde überführte Interessierte und Heuchler gewarnt und abgehalten. Paulus nannte dies »das Ärgernis des Kreuzes« (Gal. 5,11).
Hausbibelkreise können das gewöhnlich nicht leisten. Gemeinden, in denen nicht evangelistisch gepredigt wird, sondern die nur »ungezwungene« Methoden zum Gewinnen von Seelen praktizieren, können zwar Menschen »zur Errettung führen«, aber bringen auch zahlreiche falsche Bekenner hervor. Ein regelmäßiger evangelistischer Predigtdienst bewahrt davor, weil er überzeugende Wahrheiten wirksamer verkündigt. So wird das Evangelium zu einem Geruch sowohl zum Leben als auch zum Tod (2.Kor. 2,16). Bei der christuszentrierten Predigt steht die Tür der Gnade weit offen, aber die Schwelle echter Buße versperrt einem oberflächlichen Hörer den Weg.
Als Zusammenfassung können wir drei praktische Hauptaspekte aufzeigen, die wir vom Predigtstil der Apostel gelernt haben: Sie hielten ausdrücklich überzeugende und leidenschaftliche evangelistische Predigten. Sie taten jedoch mehr, als nur die Fakten zu verkünden: Sie setzten aussagekräftige Argumente und Erklärungen ein. Anschließend baten sie ihre Zuhörer eindringlich und forderten sie auf, Buße zu tun und sich im Glauben auf den Herrn zu werfen, um von Ihm Vergebung und neues Leben zu empfangen. Das alles taten sie mit viel Gefühl, Eifer und auch mit mitleidvollen Warnungen. All das zu praktizieren, ist auch heute noch die Berufung des Predigers.