Rezension: Von der Abtötung der Sünde

John Owen, einer der einflussreichsten Theologen der reformierten Tradition, wird oft in einem Atemzug mit Größen wie Johannes Calvin und Jonathan Edwards genannt. Sein Werk »Von der Abtötung der Sünde« (Englisch: »The Mortification of Sin«), ursprünglich 1656 veröffentlicht, ist ein Klassiker, der auch heute noch in reformierten und evangelikalen Kreisen eine bedeutende Rolle spielt. Dieses Buch ist eine tiefgründige Darstellung des Kampfes eines Christen gegen die Sünde und bleibt trotz seines Alters aktuell, da die Thematik des Umgangs mit der innewohnenden Sünde zeitlos ist. 

An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt, dass der Verlag Voice of Hope bald eine kürzere Version dieses Klassikers von John Owen unter dem Titel »Was jeder Christ wissen muss« neu auflegt. Diese vereinfachte Fassung wird es ermöglichen, den wertvollen Inhalt von Owens Werk auf eine zugänglichere Weise zu erleben, ohne die Tiefe seiner Theologie und Praxis zu verlieren. Zusätzlich wird das Buch mit einer neuen Aufmachung erscheinen, die es noch ansprechender für die heutige Leserschaft macht. Diese Neuauflage ist eine ausgezeichnete Gelegenheit für alle, die sich mit den grundlegenden Lehren zur Abtötung der Sünde vertraut machen möchten. 

Hintergrund und Kontext der Veröffentlichung

»Was jeder Christ wissen muss« basiert auf einer Reihe von Predigten über Römer 8,13: »Denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, werdet ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die Taten des Leibes tötet, werdet ihr leben.« Owen verfasste diese Predigten in einer Zeit intensiver persönlicher und beruflicher Herausforderungen. 1656, als das Buch veröffentlicht wurde, war Owen nicht nur mit der Verwaltung der Universität Oxford beschäftigt, sondern auch mit theologischen Auseinandersetzungen. Seine Absicht war es, falsche Lehren über den Umgang mit der Sünde zu korrigieren, die er in seiner Zeit beobachtete. Viele seiner Zeitgenossen vertraten moralistische Ansätze, die zu Selbstgerechtigkeit und Aberglauben führten. Owen hingegen betonte die Notwendigkeit des Geistes und der Gnade Gottes im Kampf gegen die Sünde.

Das Buch ist keine einfache Anleitung zur Selbstdisziplin, sondern eine umfassende Betrachtung über den Umgang mit Sünde aus einer theologischen und pastoralen Perspektive. Owen beschreibt die Abtötung der Sünde als einen lebenslangen Prozess, der von einer tiefen Abhängigkeit vom Heiligen Geist geprägt ist. Im Folgenden werden die Hauptthemen des Buches zusammengefasst:

1. Die Natur der Sünde verstehen

Owen stellt klar, dass Sünde nicht nur eine Handlung ist, sondern tief in der menschlichen Natur verankert ist. Sie wirkt wie ein Unkraut in einem Garten – wird sie nicht kontrolliert, so überwuchert sie das Gute und erstickt es. Diese Metapher illustriert, wie Sünde das Herz des Menschen beherrschen und ihn von der Gemeinschaft mit Gott entfremden kann. Owen betont, dass Sünde tödlich ist, und mahnt daher: »Töte die Sünde, sonst wird sie dich töten.« Dabei warnt er davor, ihre Kraft zu unterschätzen.

Die Abtötung der Sünde ist ein ständiger Kampf, der nicht mit menschlicher Willenskraft allein gewonnen werden kann. Aber eine nicht in Angriff genommene Sünde schwächt die Seele, raubt ihr die Freude und den Frieden. Owen ruft deshalb dazu auf, die Sünde in ihrem frühen Stadium zu erkennen und sie zu bekämpfen, bevor sie tiefere Wurzeln schlagen kann.

2. Die Rolle des Heiligen Geistes

Ein zentrales Thema des Buches ist die entscheidende Rolle des Heiligen Geistes im Kampf mit der Sünde. Owen betont, dass Christen ohne die Kraft des Geistes nicht in der Lage sind, sie zu überwinden. Die Aufgaben des Geistes sind dabei vielfältig: Der Geist enthüllt die wahre Natur der Sünde, leitet zur Selbstprüfung an und gibt die Kraft, der Sünde zu widerstehen.

Wenn der Kampf gegen die Sünde aber aus eigener Kraft geführt wird, führt dies nur zu Selbstgerechtigkeit und zu falscher Sicherheit. Vielmehr ist es der Geist, der die Arbeit in den Herzen der Gläubigen bewirkt, während diese aktiv auf die Impulse des Geistes reagieren. Owen warnt aber auch davor, die Rolle des menschlichen Willens zu vernachlässigen: Das Abtöten der Sünde erfordert ein bewusstes Mitwirken des Gläubigen. Dies zeigt sich in der Praxis durch Gebet, Nachdenken über Gottes Wort und Selbstprüfung.

3. Der Glaube an Jesus Christus

Das Fundament von Owens Argumentation ist der Glaube an die rettende Gnade Jesu Christi. Der Kampf gegen die Sünde ist keine Leistung, um Gottes Gunst zu gewinnen, sondern eine Antwort auf die bereits erwiesene Gnade. Owen hebt hervor, dass die Erlösung von der Sünde allein durch den Tod Christi und das Werk des Geistes möglich ist.

Er warnt vor der Gefahr, die eigene Leistung überzubewerten, und erinnert daran, dass selbst die besten menschlichen Bemühungen nicht ohne Sünde sind. Der ständige Blick auf Christus und Sein Opfer ist daher der Schlüssel zu einem erfolgreichen Kampf gegen die Sünde.

Relevanz für heutige Leser

Warum ist ein Buch wie »Was jeder Christ wissen muss« auch heute noch lesenswert? Die Antwort liegt in der universellen Erfahrung des Kampfes gegen innere Schwachheiten und Versuchungen. Owens Werk erinnert daran, dass dieser Kampf nicht allein mit menschlicher Disziplin oder gar mit psychologischen Tricks gewonnen werden kann, sondern durch die tiefe Gemeinschaft mit Gott und das Wirken Seines Geistes.

In einer Welt, die oft nach schnellen Lösungen und Selbstoptimierung strebt, ist Owens Buch eine wahre Fundgrube: Wahre Veränderung beginnt mit einem Leben in bewusster Abhängigkeit von Gott. Dieser Ansatz vermeidet sowohl die Gefahren des Moralismus als auch der Gesetzlosigkeit, indem er auf die Balance zwischen menschlicher Verantwortung und Gottes Wirken hinweist.

Owen widmet einen erheblichen Teil seines Buches den praktischen Aspekten im Kampf gegen die Sünde. Er gibt neun konkrete Ratschläge, die Christen helfen sollen, die Sünde effektiv zu bekämpfen. Diese Ratschläge sind mehr als bloße Handlungsanweisungen; sie basieren auf tiefgründiger theologischer Reflexion und einem Verständnis für die menschliche Natur. Es lohnt sich, jeden Ratschlag etwas näher anzuschauen:

Werde dir deiner eigenen Sünde bewusst: Owen betont, dass es entscheidend ist, die Schwere und das Wesen der eigenen Sünde zu erkennen. Ohne diese Diagnose bleibt jeder Versuch der Abtötung oberflächlich. Christen sollten ihre Herzen ehrlich prüfen und sich ihrer Schwachheiten bewusst werden.

Bedenke die ernsthaften Konsequenzen der Sünde: Das Nachdenken über die zerstörerischen Folgen der Sünde soll den Ernst der Lage verdeutlichen. Owen erinnert daran, dass Sünde nicht nur das eigene Leben, sondern auch die Beziehung zu Gott beeinträchtigt.

Entwickle ein Schuldbewusstsein: Ein gesundes Bewusstsein für die Größe der eigenen Schuld ist notwendig, um wahre Reue und den Wunsch nach Veränderung hervorzubringen. Owen warnt jedoch vor übertriebener Selbstanklage, die zu Verzweiflung führen kann.

Suche aufrichtig nach Befreiung von der Sünde: Der Wunsch, von der Sünde befreit zu werden, muss aus dem Herzen kommen. Owen beschreibt dies als ein tiefes Sehnen nach Heiligung und nach der Gemeinschaft mit Gott.

Verstehe die eigene sündige Natur: Jeder Mensch hat spezifische Neigungen und Schwächen, die ihn für bestimmte Sünden anfälliger machen. Owen rät, diese Eigenarten zu analysieren und gezielt dagegen vorzugehen.

Meide jede Gelegenheit zur Sünde: Eine der effektivsten Strategien gegen Sünde ist es, Situationen und Umgebungen zu meiden, die zur Versuchung führen. Owen warnt, dass selbst der stärkste Wille in einer schwachen Stunde nachgeben kann.

Bekämpfe bereits frühe Anzeichen der Sünde: Sobald die ersten Anzeichen der Sünde sichtbar werden, sollte man energisch dagegen vorgehen. Owen vergleicht dies mit einem Feuer, das im Anfangsstadium leichter zu löschen ist.

Denke über Gottes Herrlichkeit nach: Das Nachsinnen über die Größe Gottes und die Abscheulichkeit der Sünde kann helfen, die eigene Perspektive zu schärfen und die Motivation für ein heiliges Leben zu stärken.

Suche nicht vorschnell Trost: Owen warnt davor, sich zu früh mit oberflächlichem Trost zufriedenzugeben. Stattdessen soll die Auseinandersetzung mit der Sünde so lange andauern, bis echte Reue und Veränderung erreicht sind.

Diese Ratschläge zeigen, dass Owen nicht nur die theologischen Grundlagen der Abtötung der Sünde erklärt, sondern auch praktische und umsetzbare Wege aufzeigt, wie Christen im Alltag gegen die Sünde kämpfen können. Dabei betont er stets die Abhängigkeit vom Geist Gottes und die Notwendigkeit, die eigene Schwachheit zu erkennen.

Fazit

»Was jeder Christ wissen muss« ist ein tiefgründiges und herausforderndes Werk, das Christen ermutigt, sich mit der Realität der Sünde auseinanderzusetzen und aktiv dagegen vorzugehen. John Owens theologisches Genie liegt in seiner Fähigkeit, komplexe Konzepte in klarer und praktischer Weise zu präsentieren. 

Deshalb: Für alle, die nach einer tieferen Beziehung zu Gott und einem besseren Verständnis ihres eigenen Herzens streben, ist dieses Buch ein unverzichtbarer Leitfaden. Es erinnert daran, dass der Kampf gegen die Sünde keine Verzweiflungstat ist, sondern ein Weg, der zur Freude und Freiheit in Christus führt. John Owen mag vor Jahrhunderten geschrieben haben, doch sein Werk spricht immer noch in die Seele der Gläubigen heute.

Was jeder Christ wissen muss

• Wünschst du dir ein fruchtvolles Leben?
• Ein Gott wohlgefälliges Leben?
• Ein Leben im Sieg?

Der Schlüssel dazu liegt in einem ehrlichen Umgang mit Sünde. John Owen möchte uns helfen, zu erkennen, wo die Sünde ihren Ursprung hat und was ihr Wesen ist. Er zeigt uns biblisch fundiert die Ursachen für unser Versagen in Versuchungen, aber auch den Weg zum Sieg über die Sünde. Vor allem macht er deutlich, dass wir von der Macht der Sünde befreit werden, wenn wir allein auf Christus und Seine Gnade vertrauen. Diese Befreiung ist die Grundlage für ein siegreiches Leben zur Ehre Gottes.