Zeugnis meiner Bekehrung
Meine Eltern sind beide Deutsche, die in Russland geboren wurden. Nachdem die Berliner Mauer 1989 gefallen war, waren die Grenzen wieder offen, was dazu führte, dass viele Deutsche aus Russland in ihre Heimat zurückkehrten. Darunter waren auch meine Eltern. Zwei Jahre später wurde ich als zweites von drei Kindern in eine Familie hineingeboren, in der die christlichen Werte eine große Rolle spielten. Die Gemeinde, die meine Eltern und ich besuchten, war jedoch stark russlanddeutsch geprägt. Vieles von dem, was gepredigt und gelebt wurde, war reine Tradition und Gesetzlichkeit. Zwar wurde ich mit der Existenz des Gottes der Bibel konfrontiert, aber nicht mit dem Evangelium der rettenden Gnade Gottes, die in Seinem Sohn Jesus Christus zu finden ist. Es ging vor allem darum, nach außen hin fromm zu sein; aber wie es innerlich um einen stand, wurde nicht thematisiert.
Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich mir während der Predigten in den Gottesdiensten immer wieder fest vornahm, das zu tun, was der Prediger sagte. Doch genauso schnell, wie ich mir das vorgenommen hatte, scheiterte ich auch in diesem Vorsatz.
Als ich etwa sieben oder acht Jahre alt war, betete ich an einem Abend mit meiner Mutter wie üblich das Nachtgebet und bat dabei Jesus, in mein Herz zu kommen. Doch nach diesem Gebet und meiner scheinbaren Bekehrung erlebte ich keine Veränderung in meinem Leben. Mir wurde nie gesagt, dass ich ein neues Herz brauchte, um mit Gott versöhnt zu werden, und dass Gott es ist, der dieses übernatürliche Werk in mir bewirken muss.
Und so lebte ich weiter in meinen Sünden. Ich belog meine Eltern, stritt mit meinem Bruder und war respektlos gegenüber jeglicher Autoritätsperson in meinem Leben. Zur gleichen Zeit besuchte ich die Veranstaltungen unserer Gemeinde und wirkte z. T. auch als Mitarbeiter mit. Das erschreckende an der ganzen Sache ist, dass ich die ganze Zeit dachte, ich sei ein Christ, denn ich hatte doch Jesus in mein Leben gebeten und besuchte ja die Gottesdienste.
Doch dieses ständige Scheitern und die Versuche, Gott aus eigener Kraft zu gefallen, brachte mich irgendwann dazu, den Glauben aufzugeben und in die Welt zu gehen, um die Dinge dieser Welt zu genießen. Mit 15 Jahren entschied ich mich somit bewusst gegen Gott, um Erfüllung und Freude in den Angeboten der Welt zu finden. Ein Jahr später ließen sich meine Eltern scheiden. Das führte dazu, dass ich meine sündigen Triebe noch mehr und intensiver ausleben konnte, weil ich mir von meiner Mutter nichts mehr sagen ließ. Die Scheidung meiner Eltern rief bei meiner Mutter tiefe Depressionen hervor, doch in dieser dunkelsten Stunde ihres Lebens durfte sie ihre wahre Bekehrung erleben. Seitdem begann sie, auch für mich und meine Bekehrung zu beten und zu weinen. Gott sollte ihre Gebete nicht unbeantwortet lassen. Aber leider nicht sofort.
Ich begann zu rauchen und regelmäßig am Wochenende zu trinken. Es dauerte nicht lange, bis sogar Drogen mit im Spiel waren. Was anfangs nur am Wochenende geschah, wurde schnell zur Gewohnheit. Kriminalität, Polizeikontakt und Schwierigkeiten mit dem Staat kamen dazu. Und so ging es in meinem Leben mit rasanter Geschwindigkeit bergab.
Nach einigen Jahren merkte ich, dass ich auch in diesen Dingen nicht die Erfüllung und die Freude fand, die ich mir darin erhofft hatte. In dieser Zeit kam ein guter Freund meines Bruders auf mich und meine Freunde zu und fragte uns, ob wir Interesse hätten, mit ihm über die Bibel zu reden. Wenn wir Fragen hätten, würde er diese gerne beantworten. Nun, in Gottes Vorsehung und durch Seine Gnade haben wir ihm zugesagt, obwohl eigentlich alles dagegengesprochen hat.
In diesen Gesprächen wurde mir zum ersten Mal in meinem Leben das Evangelium der Gnade Gottes verkündet. Mir wurde gesagt, dass Gott ein heiliger Gott ist und ich mich Ihm aufgrund meiner Sünde nicht nahen kann, sondern unter Seinem gerechten Zorn stehe. Ich erfuhr, dass Er deshalb Seinen Sohn Jesus Christus auf diese Erde sandte, damit Er als Mensch ein sündloses Leben lebte, am Kreuz stellvertretend meine Sünde auf sich nahm, und der Zorn des Vaters sich an meiner statt über Ihn ergoss. Auch wurde mir erklärt, dass ich aus eigener Kraft niemals imstande sei, die Anforderungen Gottes zu erfüllen. Das Einzige, was ich tun müsse, ist, an das vollbrachte Werk und die Person Jesu Christi zu glauben.
Nachdem mir diese Wahrheit verkündigt wurde, gab es weitere solcher Treffen. Ich wollte mehr von diesem Jesus lernen und darüber, wie ein Leben mit Ihm aussieht. Gleichzeitig liebte ich meine Sünden aber zu sehr, als dass ich sie aufgeben konnte. Kurz darauf verunglückte einer meiner Freunde tödlich durch einen Zugunfall. Als mich die Nachricht von seinem Tod erreichte, war mit klar: Wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre, wäre ich nun in der Hölle, auf ewig verloren.
Von da an begann ich in der Bibel zu lesen und ernstlich nach Gott zu suchen. Müde von meinem Leben und innerlich leer, fand ich mich an einem Abend in meinem Bett wieder, zu Gott schreiend und betend, dass Er mir gnädig sei und in mein Leben eingreifen möge, dass Er mich von meinem Elend und meinen Sünden befreien und erlösen möge. Gott antwortete auf dieses Schreien und erhörte mein Gebet. An diesem Abend erlebte ich, wie Er mir die Last meiner Sünden nahm und ich durch Seine unergründliche Gnade von Neuem geboren wurde.
Ruf in den Dienst
Meine Wiedergeburt geschah im Herbst 2012. Im Sommer 2013 ließ ich mich in der Baptistengemeinde taufen, in der mein Bruder Mitglied war. Obwohl ich noch mit vielen Sünden und Lasten meiner Vergangenheit zu kämpfen hatte, war Gott mir gnädig. Ich hatte ein starkes Verlangen danach, Sein Wort zu lesen und zu beten. Ich suchte die Gemeinschaft meiner Geschwister auf und durfte erleben, wie Gott mich Stück für Stück von meinen Süchten und Sünden befreite. Durch Seine Gnade durfte ich in der Erkenntnis des Evangeliums zunehmen und in der Heiligung wachsen.
Nach einigen Monaten wurde in der Gemeinde ein Predigerkurs angeboten, zu dem ich mich anmeldete. Nach Abschluss dieses Kurses durfte ich die Gebetsstunden leiten und andere Verkündigungsdienste in der Gemeinde wahrnehmen. In dieser Zeit wuchs der Wunsch in mir, dem Herrn in irgendeiner Form missionarisch zu dienen. So entschied ich mich, sechs Monate auf eine Jüngerschaftsschule zu gehen. Davon war ich drei Monate in Brasilien und durfte die Arbeit von Missionaren kennenlernen. In Brasilien durfte ich meine erste Predigt halten. In dieser Zeit wurde der Wunsch in mir immer größer, dem Herrn in Vollzeit zu dienen.
Nachdem ich im Januar 2015 wieder nach Hause kam, durfte ich im August meine Frau heiraten. Sie ging in eine benachbarte Gemeinde, und als wir heirateten, entschied ich mich, dieser Gemeinde beizutreten. Es dauerte nicht lange, bis ich in dieser Gemeinde gefragt wurde, ob ich nicht predigen könne. Doch nach den ersten Predigten merkte ich schnell, dass ich mehr geschult werden müsse, wenn ich mich effektiv von Gott gebrauchen lassen wolle. Ich fasste den Entschluss, mich beim Europäischen Bibel Trainings Centrum (EBTC) ausbilden zu lassen, weil diese Bibelschule berufsbegleitend ist und ich also weiterhin in der Gemeinde vor Ort meine Dienste wahrnehmen konnte.
Nachdem ich im September 2018 das Studium beendet hatte, wurde ich mit zwei weiteren Brüdern im Sommer 2019 als Ältester in der Gemeinde eingesetzt. Doch der Wunsch, missionarisch aktiv zu sein und Gemeinden zu gründen, war immer noch in mir vorhanden. Und so erhielt ich im Januar 2022 eine E-Mail von meinem Bibelschullehrer Martin Manten mit der Einladung zu einem Gemeindegründungsseminar. Nach Absprache mit meiner Frau und den Ältesten nahm ich im April an diesem Seminar teil.
Kurz nach dem Gemeindegründungsseminar im April verbrachte ich ein Wochenende mit Pastor Peter Schild, den ich 2018 kennengelernt hatte. Ich erzählte ihm von meinem Vorhaben der Gemeindegründung. Seitdem sind wir in regelmäßigem Austausch. Ich durfte viele weise Ratschläge von ihm annehmen, die mir bei den wesentlichen Schritten der Gemeindegründung geholfen haben. Er vermittelte mich mit der Missionsgesellschaft HeartCry aus Amerika, die mich seit April 2023 als Missionar unterstützt.
Im Juli 2023 gründeten wir mit elf Mitgliedern eine Gemeinde in Waiblingen. Heute, zwei Jahre später, ist diese bereits auf 36 Mitglieder angewachsen. Wir sind Gott dankbar, Mitarbeiter in seinem Reich sein zu dürfen und in den Werken zu wandeln, die er für uns vorbereitet hat.
Soli Deo Gloria!