Wir kommen nun zu einem weiteren Punkt, an dem sich echter geistlicher Gewinn aus dem Bibellesen und dem Bibelstudium zeigt:
5. Du profitierst geistlich, wenn das Wort dich dazu bringt, Sünde aufzugeben
Gottes Wort zielt nicht nur auf Erkenntnis ab, sondern auf Veränderung. Darum heißt es: »Jeder, der den Namen des Christus nennt, wende sich ab von der Ungerechtigkeit!« (2.Tim. 2,19). Je bewusster du das Wort Gottes mit dem aufrichtigen Wunsch liest, zu erkennen, was Ihm gefällt und was Ihm missfällt, desto klarer wird dir Sein Wille. Und wenn dein Herz ehrlich vor Ihm steht, beginnen sich auch deine Wege zu verändern. Schritt für Schritt passen sie sich Seinen Wegen an, und du wandelst mehr und mehr in der Wahrheit (vgl. 3.Joh. 4).
Am Ende von 2. Korinther 6 schenkt Gott kostbare Verheißungen denen, die sich von der Welt und vom Unglauben absondern. Doch beachte genau, welche Anwendung der Heilige Geist daraus zieht. Er sagt nicht: »Da wir diese Verheißungen haben, Geliebte, ruht euch darin aus.« Nein, vielmehr heißt es: »Weil wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, so wollen wir uns reinigen von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes zur Vollendung der Heiligkeit in Gottesfurcht!« (2.Kor. 7,1). Verheißungen sind nie ein Ruhekissen für geistliche Nachlässigkeit. Sie sind ein Aufruf zur Heiligung.
Jesus Selbst sagt: »Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das Ich zu euch geredet habe« (Joh. 15,3). Hier liegt ein weiterer Prüfstein: Führt dein Lesen der Schrift tatsächlich zu einem geheiligten Wandel? Oder bleibt alles beim Alten? Die Frage des Psalmisten ist hochaktuell: »Wie wird ein junger Mann seinen Weg unsträflich gehen?« Die Antwort ist: »Indem er ihn bewahrt nach Deinem Wort« (Ps. 119,9).
Nicht allein durch Lesen. Nicht nur durch Glauben. Nicht einmal nur durch Auswendiglernen. Sondern durch die konkrete Anwendung des Wortes auf deinen täglichen »Weg« – auf deine Entscheidungen, Gewohnheiten, Beziehungen, Gedanken.
Darum spricht die Schrift so eindringlich und praktisch: »Flieht die Unzucht!« (1.Kor. 6,18), »Flieht vor dem Götzendienst!« (1.Kor. 10,14), »Fliehe diese Dinge« – also die habgierige Geldliebe (1.Tim. 6,11), »So fliehe nun die jugendlichen Lüste« (2.Tim. 2,22). Wer diese Ermahnungen ernst nimmt, wird Schritt für Schritt in eine praktische Absonderung vom Bösen geführt. Denn es reicht nicht, die Sünde einfach nur zu bekennen – wir müssen sie auch lassen (s. Spr. 28,13).
Bringt das Wort Gottes dich dazu, alte Wege zu verlassen? Führt es dich zu konkreten Entscheidungen gegen die Sünde, auch dort, wo es wehtut? Wo Gottes Wort diesen Gehorsam wirkt, dort entsteht kein gesetzlicher Zwang, sondern echte Freiheit und tiefer Friede mit Gott.
6. Du profitierst geistlich, wenn das Wort dich gegen die Sünde stärkt
Gottes Wort ist dir nicht nur gegeben, um deine angeborene Sündhaftigkeit aufzudecken und all die Bereiche zu beleuchten, in denen du die Herrlichkeit Gottes verfehlst (vgl. Röm. 3,23). Es wurde dir ebenso gegeben, um dich von der Sünde zu befreien und dich vor neuem Fall zu bewahren. Das Wort Gottes klärt nicht nur auf, es rüstet aus.
Darum bekennt der Psalmist: »Ich bewahre Dein Wort in meinem Herzen, damit ich nicht gegen Dich sündige« (Ps. 119,11). Genau darin liegt deine Verantwortung: Gottes Wort nicht nur zu hören, sondern es in dir wohnen zu lassen. Im Buch Hiob wird es auf den Punkt gebracht: »Nimm doch Belehrung an aus Seinem Mund und lege Seine Worte in dein Herz!« (Hi. 22,22).
Du sollst dir Gottes Gebote, Warnungen und Ermahnungen aneignen, sie aufnehmen, bewahren, einprägen, darüber nachsinnen, darüber beten und sie praktisch ausleben. Denn Sünde wird nicht allein dadurch überwunden, dass man sie meidet, sondern dadurch, dass Gutes ihren Platz einnimmt. Die wirksamste Art, ein Stück Land vor Unkraut zu schützen, ist nicht ständiges Ausreißen desselben, sondern das Säen von gutem Samen. Darum heißt es: »Überwinde das Böse durch das Gute!« (Röm. 12,21). Je reichlicher das Wort Christi in dir wohnt (vgl. Kol. 3,16), desto weniger Raum bleibt für die Sünde – in deinem Denken, deinen Wünschen und deinem Handeln.
Doch es genügt nicht, der Wahrheit des Wortes nur zuzustimmen. Du musst sie lieben. Mit großem Ernst nennt der Heilige Geist einen der tiefsten Gründe geistlichen Abfalls: dass man »die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen« hat (2.Thess. 2,10).
Thomas Manton beschreibt diese Gefahr treffend: »Wenn das Wort nur auf der Zunge oder im Verstand liegt – bloß als Sache des Redens oder des Philosophierens –, wird es bald verloren sein. Der Same, der an der Oberfläche liegen bleibt, wird von den ›Vögeln des Himmels‹ aufgepickt. Darum verbirg ihn tief im Innern: Lass ihn vom Ohr in den Verstand dringen, vom Verstand ins Herz, immer tiefer hinein. Erst wenn das Wort im Herzen eine herrschende Kraft gewinnt und wir es in Liebe aufnehmen – wenn es uns kostbarer ist als unsere liebste Lust –, erst dann wird es an uns haften.«
Nichts schützt dich so sicher vor den Einflüssen der Welt. Nichts bewahrt dich so wirksam in der Versuchung. Nichts wirkt so kräftig gegen die Sünde wie Gottes Wort – wenn du es liebst. »Das Gesetz seines Gottes ist in seinem Herzen, und seine Schritte wanken nicht« (Ps. 37,31).
Solange die Wahrheit Gottes in dir wirkt, dein Gewissen wachhält und du sie liebst, wirst du bewahrt. Denke an Joseph. Als die Frau Potiphars ihn zur Sünde verführen wollte, sagte er nicht bloß: »Das darf ich nicht«, sondern: »Wie sollte ich nun eine so große Missetat begehen und gegen Gott sündigen?« (1.Mo. 39,9). Das Wort Gottes war in seinem Herzen, und darin lag seine Kraft zum Sieg über Sünde.
Da keiner von uns weiß, wann er versucht wird, müssen wir jederzeit gerüstet sein. Darum fragt der Herr ernstlich: »Wer ist aber unter euch, der auf dieses hört, der achtgibt und es künftig beachtet?« (Jes. 42,23).
Ja, du sollst der Zukunft nicht unvorbereitet entgegensehen. Du sollst ihr gefestigt begegnen, indem du dir einen Schatz aus dem Wort Gottes in deinem Herzen ansammelst – als Vorrat für kommende Bewährungsproben. Denn was du davon in deinem Herzen bewahrst, wird dich beschützen, wenn die Versuchung kommt.
7. Du profitierst geistlich, wenn das Wort dich befähigt, das Gegenteil von Sünde zu tun
Die Schrift beschreibt Sünde nüchtern und scharf: »Sünde ist die Übertretung des Gesetzes« erklärt uns 1. Johannes 3,Vers 4. Gott sagt: »Du sollst …« Die Sünde antwortet: »Ich will nicht.« Gott sagt: »Du sollst nicht …« Die Sünde widerspricht: »Ich will aber.«
Sünde ist deshalb weit mehr als ein Fehltritt oder eine Schwäche. Sie ist Rebellion gegen Gott – der bewusste Entschluss, den eigenen Willen über den Willen des Schöpfers zu stellen. In ihrem Wesen ist sie geistliche Anarchie, als würde man eine rote Flagge der Auflehnung vor dem Angesicht Gottes schwenken.
Das Gegenteil davon, gegen Gott zu sündigen, ist daher, sich Ihm zu unterwerfen. Wie Unterordnung das Gegenteil von Gesetzlosigkeit ist, so ist auch Gehorsam das Gegenteil von Sünde. Und die Heilige Schrift ist dazu gegeben, uns zu zeigen, was Gottes Wille ist. Sie dient nicht nur zur Überführung und Zurechtweisung, sondern auch zur »Erziehung in der Gerechtigkeit«.
Hier liegt ein weiterer ernster Maßstab zur Selbstprüfung: Formt das Wort Gottes dein Denken? Beherrscht es dein Herz? Bestimmt es deine Wege und Werke? Denn der Herr fordert nicht bloß Zustimmung, sondern Gehorsam: »Seid aber Täter des Wortes und nicht bloß Hörer, die sich selbst betrügen!« (Jak. 1,22). Und ebenso macht Jesus deutlich, wie wahre Liebe zu Ihm sichtbar wird: »Liebt ihr Mich, so haltet Meine Gebote!« (Joh. 14,15).
Doch wenn du ehrlich bist, weißt du: Dazu brauchst du mehr als gute Vorsätze. Du brauchst göttliche Hilfe. Das wusste auch David. Darum betete er: »Lass mich wandeln auf dem Pfad Deiner Gebote« (Ps. 119,35). Thomas Manton kommentiert diese Bitte treffend: »Wir brauchen nicht nur Licht, um den Weg zu erkennen, sondern auch ein williges Herz, ihn tatsächlich zu gehen. Die Blindheit unseres Verstandes macht göttliche Führung nötig, und die Schwachheit unserer Herzen verlangt nach den wirksamen Anstößen der Gnade. Darum ist unsere Pflicht nicht bereits erfüllt, wenn wir Wahrheit lediglich verstehen oder darüber sprechen können. Sie ist erst dann erfüllt, wenn wir diese Wahrheit annehmen und ihr im Gehorsam folgen.«
Beachte dabei etwas Entscheidendes: Es ist der Pfad der göttlichen Gebote. Kein selbstgewählter Weg, sondern einer, den Gott bestimmt hat. Keine breite Straße, auf der man bequem mitläuft, sondern ein persönlicher, oft unscheinbarer Pfad des Gehorsams.
Wo das Wort dich dazu befähigt, nicht nur Sünde zu lassen, sondern aktiv Gottes Willen zu tun, dort zeigt sich echter geistlicher Gewinn. Denn Gottes Ziel ist nicht nur, dass du das Böse vermeidest, sondern dass du lernst, das Gute zu tun – Ihm zur Ehre und dir zum Wachstum.
Abschließende Selbstprüfung
Nimm dir einen Moment Zeit und tritt bewusst vor Gottes Angesicht, um dich im Licht Seines Wortes zu prüfen.
Frage dich:
-
- Hat mich mein Bibelstudium demütiger gemacht oder stolzer? Bin ich gewachsen in der Abhängigkeit von Gott, oder bin ich stolz auf das Wissen, das ich mir angeeignet habe?
- Hat mein Umgang mit der Schrift mein Ansehen bei Menschen gesteigert, oder hat er mich vielmehr dahin geführt, vor Gott einen niedrigeren Platz einzunehmen?
- Hat Gottes Wort in mir eine tiefere Abscheu gegenüber meinem eigenen »Ich« bewirkt, oder bin ich selbstzufriedener geworden, weil ich meine, mehr zu wissen als zuvor?
- Und wenn andere mein Bibelstudium wahrnehmen – was löst es in ihnen aus? Entsteht bei ihnen der Wunsch, ein solches Bibelwissen zu haben, oder vielmehr das Gebet: »Herr, schenke mir den Glauben, die Gnade und die Heiligkeit, die Du meinem Bruder oder meiner Schwester geschenkt hast«?
Diese Fragen sollen dich nicht niederdrücken. Sie sind ein liebevoller Spiegel. Denn Gott zeigt uns nicht deshalb unseren Zustand, um uns zu entmutigen, sondern um uns zu formen. Darum gilt dir auch diese ernste und zugleich tröstliche Ermahnung: »Dies soll deine Sorge sein, darin sollst du leben, damit deine Fortschritte in allen Dingen offenbar seien!« (1.Tim. 4,15).
Gott freut sich nicht an bloßem Wissen, sondern an sichtbarem Wachstum. Wo du Christus ehrlich in Seinem Wort suchst, dort wird Er sich dir offenbaren. Und wo du dein Herz öffnest für Gottes Reden in Seinem Wort, dort bleibt es nicht wirkungslos, sondern bringt Frucht zur rechten Zeit. Bleibe in Seinem Wort. Und lass es deine Fortschritte offenbaren – zu Seiner Ehre.
Ein bearbeiteter Auszug aus dem Buch:
Vom Wort Gottes profitieren
In unserer Zeit suchen immer mehr Menschen in der Bibel nach Lösungen für die Schwierigkeiten ihres Lebens und erwarten von ihr Anweisungen für konkrete Lebensschritte. Andere lesen die Bibel, um ihr literarisches Niveau zu heben, um Beweistexte zur Verteidigung der eigenen Glaubenslehre zu finden, oder einfach, um sie gelesen zu haben. Sie denken dabei kaum an Gott; ihnen mangelt es an Sehnsucht nach geistlicher Erbauung, und folglich haben sie keinen wirklichen Nutzen für ihre Seele.
Arthur W. Pink zeigt deutlich auf, woraus ein wahres Profitieren vom Wort Gottes besteht und wie der Leser dahin gelangen kann. Er geht darauf ein, wie sich das gewinnbringende Bibellesen auf die Beziehung zu Gott und auf das Gebet auswirkt, wie es unser Handeln, unser Denken, ja, sogar unsere Motive unweigerlich beeinflusst. Zudem erläutert der Autor, wie das Wort Gottes unsere Sicht von der Welt verändert und unser Leben auf die himmlischen Dinge ausrichtet.


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