Die Wahrheit über die Errettung
Die Schriftgelehrten und Pharisäer – die religiösen Führer in der Erdenzeit Jesu – erwarteten sicher, dass der Vater des verlorenen Sohnes den Hammer über dem missratenen Jugendlichen hart niederschlagen würde. Darüber waren sie sich einig: Es konnte keine unverzügliche Vergebung geben. Der verlorene Sohn war wahrscheinlich auch überhaupt nicht der vollständigen Versöhnung mit seinem Vater würdig. Gewiss musste er seine Medizin in voller Dosierung einnehmen.
In jener Ehrenkultur, insbesondere in einer Situation wie dieser, wäre es nicht außergewöhnlich gewesen, wenn der Vater sich einfach geweigert hätte, dem Jungen persönlich zu begegnen. Tatsächlich wäre es ziemlich charakteristisch gewesen, dass der Vater – auch wenn er geneigt gewesen wäre, ihm eine Audienz zu gewähren – den reumütigen Sohn zuerst damit bestraft hätte, dass er aus seiner Schande ein öffentliches Spektakel gemacht hätte. Zum Beispiel hätte er den Sohn für mehrere Tage außerhalb des Tores dem öffentlichen Anblick aussetzen können, um ihn einiges von der Unehre spüren zu lassen, die er über seine eigene Familie gebracht hatte. Der Junge wäre den Wetterbedingungen völlig ausgesetzt gewesen – und schlimmer noch, dem Gespött der ganzen Umgebung. Wenn der Vater sich nach einigen Tagen solcher Demütigung entschlossen hätte, ihm eine Audienz zu gewähren, und wenn er willig gewesen wäre, ein Maß an Erbarmen anzubieten, dann hätte der Sohn sich tief verbeugen und die Füße des Vaters küssen müssen. Keine Umarmung. Es wäre nicht einmal angemessen gewesen, wenn der Sohn stehen geblieben wäre, während er die Hand seines Vaters geküsst hätte.
Höchstwahrscheinlich ist dies genau die Art von Behandlung, die der verlorene Sohn erwartete. Aber das Gleichnis Jesu nahm unvermittelt eine andere, dramatische und unvorhergesehene Wendung. »Als er aber noch fern war, sah ihn sein Vater und hatte Erbarmen; und er lief, fiel ihm um den Hals und küsste ihn« (Lk. 15,20).
Offensichtlich hatte der Vater damals täglich nach seinem Sohn Ausschau gehalten – mit gebrochenem Herzen, dennoch hoffnungsvoll, während er insgeheim den unaussprechlichen Schmerz der leidenden Liebe um seinen Sohn mit sich herumtrug. Er hatte sicherlich gewusst, dass die Art des Lebens, wegen welcher sich der Sohn auf den Weg gemacht hatte, schließlich auf diese Weise enden würde, wie sie es tat. Er hoffte verzweifelt, der Junge würde überleben und nach Hause zurückkommen.
Die Bildsymbolik, wie der Vater auf den verlorenen Sohn zuläuft, füllt die Details des Gesamtbildes noch mehr aus. Im Rahmen jener Kultur wurde die Handlung des Vaters, zu dem Jungen zu laufen und ihn zu umarmen, noch bevor dieser überhaupt den ganzen Heimweg zurückgelegt hatte, als ein schändlicher Verstoß gegen die guten Sitten angesehen. Zuerst einmal rannte ein angesehener Mann nicht. Zu rennen war etwas für kleine Jungen und Diener. Erwachsene Männer von Rang gingen majestätisch einher, in langsamer Gangart und bedachtsamen Schritten. Aber der Vater raffte sein Gewand zusammen und machte sich auf würdeloseste Weise auf den Weg.
Als der Vater den missratenen Sohn erreichte, konnte er seine Zuneigung nicht in Grenzen halten, und er zögerte nicht, ihm Vergebung zu gewähren. Sofort umarmte er den verlorenen Sohn. Jesus sagte, dass der Vater ihm um den Hals fiel und ihn küsste. Das Verb, das an dieser Stelle im griechischen Grundtext steht, deutet an, dass er ihn mehrmals küsste. Er brach über dem Jungen in einer massiven Umarmung zusammen, vergrub seinen Kopf im Nacken seines Sohnes – stinkend und schmutzig und nicht gesellschaftsfähig, wie er war – und begrüßte ihn mit einer Offenbarung ungebremster Emotionen.
Der verlorene Sohn war in der Bereitschaft gekommen, die Füße des Vaters zu küssen. Stattdessen küsste der Vater den nach Schweinen stinkenden Kopf des verlorenen Sohnes. Und der junge Mann kam überhaupt nicht zu dem Teil seiner einstudierten Rede, in welcher er darum bitten wollte, einer der Tagelöhner zu werden. Dies mag als ein fast unmerkliches Detail in dem Gleichnis erscheinen, aber es stellte einen nicht ganz so subtilen Punkt zu Gunsten der Pharisäer dar. Sie konnten auf keinen Fall übersehen, dass der Sohn nichts getan hatte, um seine eigene Sünde zu sühnen. Dennoch war die Vergebung des Vaters vollständig und überschwänglich, ohne dass etwas zurückgehalten wurde.
Verlangte nicht der gesunde Menschenverstand, dass Sünden gesühnt werden müssen? Sagte nicht Gott Selbst, dass Er keinen Gottlosen gerecht sprechen wird (2.Mo. 23,7), und dass Er die Schuld keineswegs ungestraft lassen wird (2.Mo. 34,7)? Wo bleibt da die Gerechtigkeit? Was ist mit den Prinzipien des göttlichen Rechts?
Es ist wohl wahr, dass Sünde gesühnt werden muss. Denke keinen Augenblick lang, dass Gott einfach wegschaut, wenn Er die Sünde vergibt, und so tut, als sei sie nicht geschehen. Allerdings kann kein Sünder jemals in vollem Maße seine eigene Sünde wiedergutmachen, und deshalb betont die Bibel so häufig die Notwendigkeit eines Stellvertreters. Das Alte Testament veranschaulicht die Notwendigkeit und verheißt, dass Gott ein zweckmäßiges Opfer bereitstellen wird (1.Mo. 3,15; 22,7-8; Jes. 53,1-12). Das Neue Testament berichtet uns von der Erfüllung dieser Verheißung.
Gott wurde in der Person von Jesus Christus ein Mensch, der ein Stellvertreter für die Gläubigen geworden ist. Das erklärt Paulus den Christen in seinen Briefen.
»Der Lohn der Sünde ist der Tod; aber die Gnadengabe Gottes ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn« (Röm. 6,23).
»… Christus Jesus …, der, als Er in der Gestalt Gottes war, es nicht wie einen Raub festhielt, Gott gleich zu sein; sondern Er entäußerte sich Selbst, nahm die Gestalt eines Knechtes an und wurde wie die Menschen; und in Seiner äußeren Erscheinung als ein Mensch erfunden, erniedrigte Er sich Selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz« (Phil. 2,5-8).
»Christus hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes, indem Er ein Fluch wurde um unsertwillen« (Gal. 3,13).
»Denn [Gott] hat Den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in Ihm [zur] Gerechtigkeit Gottes würden« (2.Kor. 5,21).
Während es jeder von uns verdient, für seine Sünde zu sterben und die Ewigkeit getrennt von Gott zuzubringen – eine Existenz, die Jesus als unerträglich elend und leidgetränkt beschrieb (Mt. 13,41-50; Lk. 16,23-24) –, erduldete der Sohn Gottes für uns Kinder Gottes die Strafe. Weil Jesus als unser Stellvertreter die Strafe für die Sünde bezahlte, kann uns unser himmlischer Vater völlige Vergebung für die Sünde gewähren, ohne die Gerechtigkeit zurückzustellen oder Seine eigene völlig gerechte Natur zu verleugnen.
Entnommen aus dem Buch:
Gnade für dich
Ich bin am Ende. Deprimiert. Ausgebrannt. Verirrt. Kraftlos. Ich bin von Gott weggelaufen. Ich schaffe es nicht, mein Leben wieder in den Griff zu bekommen. – Trifft das auf dich zu? Vielleicht nicht alles – aber etwas davon? So geht es vielen Menschen, und sie fragen sich: »Kann Gott mir noch helfen? Gibt es Vergebung?«
In dem bekanntesten Gleichnis von zwei verlorenen Söhnen macht Jesus deutlich, dass es Hoffnung, Vergebung und Wiederherstellung für Verirrte, Verlorene, Trostlose und Selbstgerechte gibt. Erlebe, welche Freude und welche Gewissheit es mit sich bringt, wenn du tatsächlich in der Gnade Gottes leben kannst.
Eine fesselnde Geschichte von Gottes Erlösung
Ein evangelistisches Verteil-Buch, ideal für Jugendliche und Außenstehende.